Simchat Tora

Freude am Gesetz

Ausgelassene Stimmung an Simchat Tora: Juden beim Tanz mit einer Torarolle auf dem Habima-Platz in Tel Aviv Foto: Flash 90

Das Wort »Simcha« bedeutet im Hebräischen Freude. Die wörtliche Übersetzung von Simchat Tora lautet »Freude am Gesetz«. An Simchat Tora feiern wir die Tora, das Eigentum des jüdischen Volkes. An diesem Tag beenden wir den Zyklus der Toralesung und beginnen sofort auch von Neuem mit der Lesung aus dem Buch Bereschit, dem 1. Buch Mose.

Allerdings gibt es in der Tora gar keinen Feiertag mit dem Namen Simchat Tora. An zwei Stellen werden alle jüdischen Feiertage der Reihenfolge nach aufgezählt, einmal im 3. Buch Mose 23 und noch einmal im 4. Buch Mose 28–29.

Doch Simchat Tora wird dort nicht mit diesem Namen erwähnt. Und im Gebet nennen wir den letzten Feiertag des Monats Tischri genau wie den Tag davor »Jom haSchemini Chag haAzeret hase«, den achten Tag, der ein Versammlungstag (also ein Feiertag) ist.

In der Tora gab es gar keinen Feiertag mit dem Namen Simchat Tora.

Schemini Azeret ist also der achte Tag des Laubhüttenfestes Sukkot. Und was ist dann Simchat Tora? Der offizielle Name von Simchat Tora außerhalb Israels ist »zweiter Tag Schemini Azeret«. In Israel dagegen fallen Schemini Azeret und Simchat Tora auf denselben Tag (beide auf den 22. Tischri).

DATUM Das ist in diesem Jahr Montagabend, der 27. September, und Dienstag, der 28. September. Außerhalb Israels wird ein Feiertag hinzugefügt, und Schemini Azeret (22. Tischri) und Simchat Tora (23. Tischri) werden getrennt gefeiert. Simchat Tora fällt darum dieses Jahr für uns in Deutschland auf Dienstagabend, den 28. September, und Mittwoch, den 29. September.

Der Grund dafür: Der jüdische Kalender ist ein Mondkalender, der mit dem Sonnenkalender in Einklang gebracht wird, sodass die Feiertage nicht immer auf die selben Daten des gregorianischen Kalenders fallen.

Im vergangenen Jahr haben wir an jedem Schabbat eine Parascha (Wochenabschnitt) der Tora durchgenommen. Zu Simchat Tora haben wir die gesamte Tora von Bereschit, der Schöpfung, bis zum Tod von Mosche kurz vor dem Einzug in das Heilige Land Israel gelesen.

Wir freuen uns das ganze Jahr über die Tora, unser Gesetz, denn unser Gesetz ist G’ttes Gesetz. Deshalb feiern wir es am Abschluss des Lesezyklus, tanzen mit unseren Gebetbüchern und machen aus unserer guten Stimmung keinen Hehl.

PROZESSION In vielen Synagogen wird deshalb während des Abendg’ttesdienstes an Simchat Tora ausgelassen gesungen und getanzt, dabei werden die Torarollen hochgehalten. Alle Torarollen in der Synagoge werden sieben Mal in einer Prozession getragen. Auch die anwesenden Kinder nehmen daran teil, indem sie Fähnchen oder Miniaturschriftrollen tragen. In großen jüdischen Zentren wird – nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie – auch im Freien gefeiert und getanzt.

LESUNGEN In einigen Gemeinden wird danach noch der letzte Teil der Tora, Dewarim (5. Buch Mose 33), mit dem Segen Mosches gelesen: »Dies ist der Segen, mit dem Mosche, der Mann G’ttes, die Kinder Israel vor seinem Tod segnete. (…) Es ist kein G’tt wie der G’tt Jeschuruns, der am Himmel daherfährt dir zur Hilfe und in Seiner Hoheit auf den Wolken. Zuflucht ist bei dem alten G’tt und unter den ewigen Armen. (…)«

An Simchat Tora werden die Kinder in der Synagoge mit Süßigkeiten beschenkt.

Schließlich heißt es dort: »Deine Feinde werden dir huldigen, und du wirst auf ihren Höhen einherschreiten.« Drei Männer werden zu dieser besonderen Lesung dieses Textes aus der letzten Parascha der Tora aufgerufen.

Beim Morgeng’ttesdienst an Simchat Tora werden drei Torarollen aus der heiligen Lade genommen – normalerweise nach der Prozession mit allen Torarollen. Aus der ersten Torarolle lesen wir den letzten Teil der Tora, danach geht es weiter mit der zweiten Torarolle, aus der wir die Paraschat Bereschit, die Schöpfungs­geschichte, lesen bis hin zur Erschaffung des Schabbats (1. Buch Mose 1).

Das bedeutet, dass die Tora niemals endet und bis zum Ende aller Zeiten fortbesteht. Zur Lesung aus der dritten Torarolle wird der Maftir aufgerufen – der Mann, der aus dem ersten Buch Jehoschua, dem ersten Buch aus den »Neviim«, den Propheten der Hebräischen Bibel, liest.

BRÄUTIGAME Das Ende und der Anfang der Tora werden von zwei »Bräutigamen« gelesen, dem Chatan Tora (Bräutigam der Tora) und dem Chatan Bereschit (Bräutigam der Schöpfung). Die beiden Bräutigame und viele andere G’ttesdienstbesucher beschenken die Kinder mit Süßigkeiten.

Am Abend, zu Beginn von Simchat Tora, werden die beiden Bräutigame vom Rabbiner feierlich in ihre Ämter einberufen, begleitet von viel Humor, Scherzen und Feiern. Simchat Tora ist pure Fröhlichkeit, die Freude an der Tora, die wir ein Jahr lang studiert und gelesen haben. Wir sind so sehr mit der Tora verbunden, dass wir sofort wieder anfangen, sie zu lesen.

Am Abend werden in der Regel nur drei Personen zur Tora aufgerufen, aber am Morgen werden alle Erwachsenen an die Bima gebeten, um einen Teil aus der Tora mitzulesen. Wenn viele Menschen anwesend sind, kann gleichzeitig aus mehreren Schriftrollen an verschiedenen Stellen in der Synagoge gelesen werden. In der Regel werden jedoch dieselben Passagen so lange wiederholt, bis alle Beter an der Reihe waren.

In Corona-Zeiten ist die Praxis dieser Bräuche, die die Beteiligung mehrerer Menschen erfordern, allerdings eingeschränkt, weil der Schutz des Lebens über allem steht.

Die Pandemie ist nicht zu Ende. Bei manchen Bräuchen müssen wir uns einschränken.

Gegen Ende wird die Lesung dann für die Kinder aufgehoben. Sie kommen dann alle auf das Podium, wo vier Erwachsene einen Tallit über sie ausbreiten. Ein Junge, der schon Barmizwa hatte, wird zusammen mit den Kindern unter 13 Jahren aufgerufen. Alle erhalten einen Segen, und die Kinder bekommen noch einmal Süßigkeiten.

Die Pandemie ist noch nicht zu Ende, und auch beim Aufruf der Kinder müssen wir möglicherweise Einschränkungen hinnehmen. Nichtsdestoweniger steht Simchat Tora im Zeichen der Freude und Beständigkeit. Wir schließen niemals mit der Tora ab, denn dieses Gesetz ist das Fundament des jüdischen Volkes.

Der Autor ist Rabbiner und lebt in Israel.

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