Geschichte

Zentralrat der Juden: Jüdischer Widerstand gegen Nazis oft nur Randthema

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Marco Limberg

Geschichte

Zentralrat der Juden: Jüdischer Widerstand gegen Nazis oft nur Randthema

Das Gedenken an den Warschauer Ghettoaufstand müsse »fest in den deutschen Kanon der Geschichte des Zweiten Weltkrieges verankert werden«, so Josef Schuster

 18.04.2023 12:32 Uhr

Der jüdische Widerstand im Zweiten Weltkrieg muss nach Ansicht des Zentralrats der Juden in Deutschland in den Mittelpunkt des Bewusstseins rücken. »Es gab lange Zeit ein Desinteresse am spezifisch Jüdischen in der Geschichte, vor allem in Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg und der Erinnerung daran«, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag in Berlin. »In seinen Betrachtungen über sein Untertauchen im Warschau des Zweiten Weltkriegs beschreibt der Schriftsteller und Schoa-Überlebende Louis Begley dies als Einsamkeit jüdischen Sterbens.«

Der Zentralrat erinnerte daran, dass anlässlich des 80. Jahrestages des Beginns des Warschauer Ghettoaufstandes am 19. April Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als erster deutscher Staatsgast bei einem Gedenkakt in Warschau anwesend ist. Teilnehmen werde auch der israelische Präsident Isaac Herzog.

Verantwortung Schuster, der in der Delegation mitreist, betonte: »Die Verantwortung, mit der der Bundespräsident seiner Rolle nachkommt, beeindruckt mich. Ich sehe hier eine Chance für die Zukunft. Das Gedenken an den Warschauer Ghettoaufstand muss fest in den deutschen Kanon der Geschichte des Zweiten Weltkrieges verankert werden.«

Vor 80 Jahren, am 19. April 1943, hatten sich jüdische Ghetto-Bewohner gegen die Übermacht von SS und Wehrmacht erhoben. Fast vier Wochen dauerte es, bis die SS den Aufstand endgültig niederschlug.

Das gemeinsame Gedenken würdigte der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner. »Dass die Präsidenten Polens, Israels und Deutschlands dieses todesmutigen Aufstandes gegen die mörderische Welt der SS und gegen den antisemitischen Hass der Nazis gemeinsam gedenken, ist für Überlebende des Holocaust ein ermutigendes politisches Signal, dass Lernen aus der Geschichte und Gemeinsamkeit unter den Menschen möglich ist.«

Mut, Zorn und Kraft Der Mut und die Botschaft der Aufständischen aus dem Warschauer Ghetto reichten weit in die Gegenwart hinein: »Diktaturen und Diktatoren sollten nie den Mut, den Zorn und die Kraft der Bedrängten und Verzweifelten vergessen«, betonte Heubner.

Der Zentralrat der Juden plant für den 20. April einen Bildungstag der Jüdischen Akademie, der sich der Erinnerung an den Aufstand im Warschauer Ghetto widmet. »Es ist ein Prozess im Gange, der unseren Blick auf Geschichte und Erinnerung verändert«, sagte Josef Schuster.

»Die jüdische Gemeinschaft muss dabei eine selbstbestimmte und aktive Rolle einnehmen. Die Jüdische Akademie hat den Auftrag, eine jüdische Perspektive auf eine Debatte der Mehrheitsgesellschaft zu formulieren. Die Veranstaltung steht ganz im Wesenssinn dieses Gedankens der Selbstbestimmtheit.« kna/ja

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025

New York

Tucker Carlson ist »Antisemit des Jahres«

Die Organisation StopAntisemitism erklärt, ausschlaggebend seien Beiträge, in denen er erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe

 22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza

Das Problem mit der Entwaffnung

Die Hamas weigert sich strikt, die Waffen niederzulegen. Was Zustimmung in der palästinensischen Bevölkerung findet und den Friedensplan stocken lässt

 21.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025