Austin (Texas)

Wie Elon Musk in Europa Politik macht

Elon Musk Foto: picture alliance / Sipa USA

Erst hat Elon Musk sein ganzes Gewicht in die Waagschale geworfen, um Donald Trump zur Rückkehr ins Weiße Haus zu verhelfen. Der reichste Mensch der Welt spendete mehr als 250 Millionen Dollar für Trumps Wahlkampf und trat mit ihm auf. Zudem überzog er seine mehr als 200 Millionen Follower bei der ihm gehörenden Online-Plattform X mit Aufrufen, für Trump zu stimmen – Dutzende Beiträge, Tag für Tag.

Mit ähnlicher Methode macht Musk nun auch Stimmung in Europa. Mit Blick auf Deutschland behauptete er bei X und in einem Gastbeitrag in der »Welt«, nur die AfD könne das Land retten und dass es falsch sei, die Partei als rechtsextrem zu bezeichnen. Jetzt steht eine Live-Unterhaltung Musks mit AfD-Chefin Alice Weidel an, nach dem Vorbild seines Gesprächs mit Trump im August. In einer Ankündigung bezeichnete Musk Weidel als »mögliche« Bundeskanzlerin.

Fokus auf Großbritannien

In den vergangenen Tagen nahm Musk aber vor allem die Regierung in Großbritannien ins Visier. In einem seiner Beiträge forderte der Tech-Milliardär eine Haftstrafe für Premierminister Keir Starmer, in einer Umfrage bei X ließ er abstimmen, ob Amerika »das britische Volk von ihrer tyrannischen Regierung« befreien solle. 58 Prozent stimmten dafür, allerdings ist bei solchen Umfragen der Anteil von Musk-Fans traditionell hoch.

Als Hauptvorwurf führt Musk an, die Regierung unternehme nicht genug für die Aufklärung früherer Fälle von Kindesmissbrauch. Unter anderem behauptet er, dies liege daran, dass die Täter pakistanischer Herkunft gewesen seien. Starmers sozialdemokratische Labour-Partei ist erst seit Juli vergangenen Jahres in Großbritannien an der Macht. Seine Informationen bezieht Musk größtenteils von einer Handvoll X-Influencer, deren Beiträge er schon länger an seine Follower weiterverbreitet.

Ein zentrales Thema ist stets Migration. So verbreitet Musk Behauptungen weiter, dass Einwanderer mehr Verbrechen verübten und dass Kritik an der Migrationspolitik härter geahndet werde als deren Vergehen. Musk machte sich öffentlich stark für den derzeit inhaftierten britischen Rechtsextremen Tommy Robinson. Er kam ins Gefängnis, weil er verleumderische Behauptungen gegen einen syrischen Flüchtling auch nach einem Gerichtsurteil wiederholte.

Von X radikalisiert?

Musk scheine als erste Führungsfigur aus der Tech-Branche von seinem eigenen Online-Dienst radikalisiert worden zu sein, sagte der einstige Europachef des X-Vorgängers Twitter der »Financial Times«. US-Professorin Jen Golbeck, die sich mit Medien und Extremismus beschäftigt, sieht einen Auslöser darin, dass Beiträge zahlender Abo-Kunden von X-Algorithmen bevorzugt behandelt werden. Musk erklärte, das Missbrauchsthema berühre ihn, weil seine Großmutter einst in Großbritannien aufgewachsen sei.

Die vergangenen Tage zeigten auch, wie schnell man Musks Gunst verlieren kann. Nachdem der britische Rechtspopulist Nigel Farage auf Distanz zu Musks Äußerungen über Robinson ging, folgte prompt die Abrechnung. Die Farage-Partei Reform brauche einen neuen Anführer, schrieb der Tech-Milliardär. Farage äußerte sich wenig später positiver über Robinson.

Lesen Sie auch

Und was sagt Trump zu all dem? Der baldige US-Präsident stärkte Musk den Rücken, wenn auch ohne ins Detail zu gehen. »Elon macht einen guten Job. Sehr smarter Typ«, antwortete er auf entsprechende Fragen.

Musks Firmen könnten profitieren

Doch warum wurde Musks nun so politisch aktiv? Er selbst behauptete jüngst erneut, ohne einen Wahlsieg Trumps wäre die »Zivilisation verloren gewesen«. Allerdings kann man in den USA aber auch klar erkennen, wie seine Unternehmen von der Nähe zu Trump profitieren könnten.

Musk führt unter anderem den Elektroauto-Hersteller Tesla und die Raumfahrtfirma SpaceX. Beiden könnte am Ende zugutekommen, dass der künftige US-Präsident ihn zum Co-Vorsitzenden eines Gremiums machte, das Vorschläge zur Kürzung der Staatsausgaben ausarbeiten soll.

Denn mit dieser Position steckt Musk nun in den Köpfen der Mitarbeiter von mindestens zwei US-Behörden, die Tesla und SpaceX beaufsichtigen: Der Verkehrsbehörde NHTSA und der Luftfahrtbehörde, FAA.

X in Europa unter Druck

Vor allem bei Tesla könnte das eine Rolle spielen. Denn Musk will Robotaxis auf die Straße bringen, die nur mit Kameras als Sensoren auskommen sollen. Ein Großteil der Branche hält das ohne Abschläge für die Verkehrssicherheit für unmöglich. Aber der Kurs der Tesla-Aktie schoss nach der Präsidentenwahl hoch, weil Investoren darauf spekulieren, dass die künftige Regeln für autonome Autos günstig für Tesla ausfallen könnten.

Außerdem laufen bei der NHTSA gerade mehrere Untersuchungen wegen Unfällen mit Teslas Assistenzsystem Autopilot. Die FAA wiederum hat die Macht, Raketenstarts von SpaceX bei Problemen auszusetzen.

In Europa ist weniger offensichtlich, wie Musks politische Aktivität seinen Firmen nutzen kann – außer im Fall von X. Der Dienst steht in der EU unter Druck, sich an das Gesetz DSA zu halten, das Online-Plattformen zur Löschung von Hassrede und Falschinformationen verpflichtet.

»Gott sei Dank«

Der künftige Vizepräsident J.D. Vance spielte bereits öffentlich mit dem Gedanken, die USA könnten die Unterstützung der NATO einstellen, wenn die Europäer gegen Musks Plattform durchgreifen sollten.

Und Musk selbst verwies darauf, dass in Großbritannien im März der Online Safety Act in Kraft trete. Nach dem Gesetz müssen Online-Plattformen unter anderem dafür sorgen, dass Kinder nur auf altersgerechte Inhalte zugreifen können. Bei Verstößen drohen, ebenso wie beim DSA, hohe Strafen. »Gott sei Dank« werde Trump »gerade noch rechtzeitig« ins Amt kommen, schrieb Musk bei X.

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025