Einspruch

Wem nützt Sterbehilfe?

Sollen Ärzte Patienten beim Suizid unterstützen dürfen? Aus jüdischer Sicht ist eine Legalisierung der medizinisch assistierten Selbsttötung, wie sie gegenwärtig diskutiert wird, strikt abzulehnen. Der Rabbiner, Arzt und Philosoph Maimonides definierte im 12. Jahrhundert den Suizid explizit innerhalb des in der Tora definierten Tötungsverbotes.

Dahinter steht das Grundprinzip, dass der Mensch gemäß der jüdischen Tradition seinen Körper als Leihgabe zu betrachten hat. Dieses Konzept steht im Gegensatz zum aktuellen Trend der säkularen Ethik, der Autonomie des Patienten einen immer größeren Stellenwert einzuräumen. Es ist aber ein Irrtum, anzunehmen, dass die Entscheidung, sich selbst umzubringen, nur das Individuum selbst betrifft – und nicht die ganze Gesellschaft.

leiden Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem alten und armen Menschen, die sich ohnehin am Rande der Gesellschaft befinden, am häufigsten das »Recht zu sterben« zugebilligt beziehungsweise nahegelegt wird. Der moralische Druck auf diejenigen, die trotz ihrer Leiden und trotz ihrer »kostenverursachenden Wirkung« weiterleben möchten, würde dann zweifelsohne steigen.

Wem würde durch eine Legalisierung des ärztlich assistierten Suizids geholfen? Dem leidenden Individuum, das unsere emotionale Unterstützung benötigt? Oder der Gesellschaft, welche die Probleme der stetig steigenden Gesundheitskosten und der limitierten Ressourcen zu lösen versucht und sich dabei »unbequemer« Patienten entledigen könnte?

Aus jüdischer Sicht dürfen fundamentale Prinzipien wie die Unantastbarkeit und Heiligkeit menschlichen Lebens sowie das biblische Verbot der Tötung und der Selbsttötung nicht aufgegeben werden. Unsere moderne Gesellschaft jedoch scheint sich auf den gefährlichen Weg zu begeben, grundlegende ethische Wertvorstellungen zu missachten.

Der Autor ist Kinderarzt und Medizinethiker in Basel.

Kommentar

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