Meinung

Was erlauben Schulz!

Foto: dpa

Die Wahrheit ist meist konkret. Das ist eine nicht immer schöne Erkenntnis. Allgemein zu sagen, man wolle mit der AfD nichts zu tun haben, ist das eine und fällt relativ leicht. Aber was tun, wenn der AfD-Vertreter vor der Tür steht? Wenn er an einer Gemeindeveranstaltung teilnehmen will? Und obendrein behauptet, er sei Jude?

Dimitri Schulz ist AfD-Abgeordneter im hessischen Landtag, und das Mitglied der »Juden in der AfD« verkündet gerne öffentlich die nicht wirklich jüdische Botschaft, dass für ihn Jesus Christus der Messias sei. Und dieser Herr Schulz wollte vergangenen Donnerstag im Rahmen der »Woche der Brüderlichkeit« in die Räume der Jüdischen Gemeinde Wiesbaden.

HAUSRECHT Mit Hinweis auf sein Hausrecht hat ihm der Gemeindevorstand den Zutritt verweigert. Begründet wurde es eher schwachbrüstig: Zu spät angemeldet habe sich Schulz.

Dies mag man als Formalie abtun, aber bekanntlich haben ja auch solche Regelungen in diesem Land ihren Sinn: Jüdische Gemeindezentren gehören zu den gefährdeten Objekten, und da ist die Bitte um eine fristgerechte Voranmeldung eben mehr als eine lästige Formalie. Man will ja nicht, dass da jeder reingetrampelt kommt. Zum Beispiel ein Herr Schulz.

Der AfD-Mann wurde abgewiesen ,
weil er sich zu spät angemeldet hatte.
Eine Formalie. Aber auch
Formalien haben ihren Sinn.

Die Gemeinde in Wiesbaden hat sich ja auch gar nicht hinter der Formalie versteckt. Sowohl der Gemeindevorstand Jacob Gutmark als auch der Geschäftsführer des Landesverbandes, Daniel Neumann, teilten offen mit, dass sich viele ältere Mitglieder »angesichts des Auftretens von AfD-Repräsentanten mehr als besorgt und mitunter sogar bedroht fühlen«.

BESORGNIS Diese Empfindungen sind auch dann ernst zu nehmen, wenn sie nicht so recht in eine Hausordnung passen. »Da die Interessen und die Besorgnis unserer Gemeindemitglieder weit schwerer wiegen als der Wunsch eines vorgeblich jüdischen Besuchers«, teilt die Gemeinde mit, habe man Herrn Schulz gebeten zu gehen.

Das hat sogar der AfD-Vertreter kapiert. Die Wahrheit ist oft konkret und fällt nicht immer schwer.

krauss@juedische-allgemeine.de

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025