Standpunkt

Warum ich beim Fernsehrat Beschwerde eingelegt habe

Volker Beck Foto: Marco Limberg

Standpunkt

Warum ich beim Fernsehrat Beschwerde eingelegt habe

Deutsche Medien verfolgen jeden Schritt der neuen israelischen Regierung. Ihre Berichterstattung ist jedoch oft fehlerhaft und tendenziös, kritisiert Volker Beck

von Volker Beck  18.01.2023 13:38 Uhr

Der israelische Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hat trotz Warnungen am 2. Januar erstmals nach seinem Amtsantritt den Tempelberg besucht. Die Hamas schäumte, aber die befürchtete Eskalation blieb aus.

Man kann sicher darüber streiten, ob dieser Besuch sein musste. Zumal es lange für Juden ein religiöses Tabu darstellte, den Tempelberg zu besuchen. So sieht es auch Ben-Gvirs Koalitionspartner, das Vereinigte Tora-Judentum. Aber warum soll es für Muslime eine Provokation sein, wenn Juden auf dem Tempelberg gehen oder beten? Niemand stört es, wenn Muslime in die Grabeskirche gehen oder Christen an der Westmauer beten.

Medien Ben-Gvirs durchaus provozierend gemeinter Besuch fand weltweit mediale Aufmerksamkeit. Auch in Deutschland gab es schrille Berichte. Dabei blieben Wahrheit und Recherche gelegentlich auf der Strecke: So berichtete eine Reporterin der Deutschen Welle mit sich überschlagender Stimme, der letzte israelische Politiker auf dem Tempelberg sei 2000 der damalige Oppositionsführer Sharon gewesen. Stimmt nicht: Die letzten Ministerbesuche waren 2017 und 2018 gewesen.

Wahrheit und Recherche bleiben bei der Berichterstattung über Israel gelegentlich auf der Strecke.

Und das ZDF berichtete: »Jahrhundertelang wurde wenig gestritten um das Herz Jerusalems. Juden beteten unten an der Klagemauer, …«. Auch das ist nicht wahr: 1948 wurden die Juden aus der Jerusalemer Altstadt vertrieben, ihre Synagogen zerstört, Tempelberg und Westmauer waren dann bis zur israelischen Eroberung von Ost-Jerusalem im Sechstagekrieg für Juden praktisch unzugänglich. Erst seitdem sind die Heiligtümer der 3 abrahamitischen Religionen für alle Gläubigen gleichermaßen wieder zugänglich.

Verzerrung Angesichts solcher Verzerrung will man die Verwendung des christlich-apologetischen Begriffs »Klagemauer« für die Kotel schon fast nachsehen. Nach dem gescheiterten Bar-Kochba-Aufstand hatte der Heilige Justin im zweiten Jahrhundert die Zerstörung des Tempels und den Verlust jüdischer Eigenstaatlichkeit quasi als Beweis für die Richtigkeit des Christentums beansprucht. Eine Lehre der alten Kirche, die über Luther bis ins 20. Jahrhundert Bestand haben sollte. Das alles weiß beim ZDF vermutlich niemand. Auch wenn man auf Justins Schultern steht.

Ich habe Programmbeschwerde beim Fernsehrat eingelegt. Die Programmbeschwerde ist das »J’accuse« des kleinen Fernsehzuschauers, um die Programmmacher an ihre Wahrheitspflicht zu erinnern.

Man kann und soll sich mit der Politik der israelischen Rechtsregierung ruhig kritisch auseinandersetzen. Aber man sollte Doppelstandards vermeiden und die Wahrheit nicht um der Dramatik willen verbiegen.

Der Autor ist Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Islamismus-Experte

Ahmad Mansour prangert deutsche Debattenkultur über Israel an

Empathie gelte hierzulande nur toten Juden - nicht den lebendigen: Islamismus-Experte Mansour übt scharfe Kritik daran, wie hierzulande auf Israel geblickt wird. Im Konflikt mit dem Iran brauche es eine klare Haltung

von Paula Konersmann  29.06.2025

Essay

Der Weltkirchenrat auf Abwegen

Die Organisation mit mehr als 350 meist protestantischen Kirchen stimmt in den Chor all derer ein, die ein antiisraelisches Lied nach dem anderen singen. Immer lauter. Immer wütender. Immer obsessiver

von Daniel Neumann  29.06.2025

Kommentar

Gelöscht!

»Freunde Israels« wie »Die Zeit« haben die deutsche Vergangenheit nicht bewältigt, sondern überwältigt. Wie auch den Autor Maxim Biller. Indem sie ihn depublizieren

von Samuel Schirmbeck  28.06.2025

Bildung

Schulen sollen antisemitische Äußerungen anzeigen

Bundesministerin Karin Prien beklagt zudem wachsenden Extremismus

 28.06.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025

Medien

Exklusiv: »Die Zeit« nimmt Stellung, warum sie Maxim Billers Text gelöscht hat

Warum die Wochenzeitung einen Beitrag des Schriftstellers zum Verhältnis der Deutschen zu Israel depubliziert hat

von Michael Thaidigsmann  27.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  27.06.2025

Iran

Berichte über Festnahmen und Hinrichtungen iranischer Juden

Der Konflikt mit Israel sorgt im Iran für mehr Verfolgung durch die Behörden. Auch die jüdische Gemeinschaft des Landes gerät offenbar in den Fokus des Regimes

 27.06.2025

Diplomatie

Wadephul zu Iran-Verhandlungen: »Wir haben einen echten Trumpf«

Nach Ansicht von Außenminister Wadephul könnten die Europäer mit dem sogenannten Snapback-Mechanismus Sanktionen gegen Teheran auslösen

 27.06.2025