Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Relativierung

Foto: picture alliance / SvenSimon

Der Zentralrat der Juden hat empört auf Äußerungen des sachsen-anhaltischen AfD-Politikers Ulrich Siegmund zur NS-Zeit reagiert. »Es fällt schwer, sich des Eindrucks zu erwehren, dass in Herrn Siegmunds Aussagen eine deutliche Sympathie für die Zeit des Nationalsozialismus mitschwingt«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der Deutschen Presse-Agentur.

Siegmund, Spitzenkandidat seiner Partei zur Landtagswahl 2026, hatte sich in einem Podcast des Portals »Politico« geäußert. Auf die Frage, ob die NS-Zeit »das Schlimmste der Menschheit« sei, sagte Siegmund: »Das maße ich mir nicht an zu bewerten, weil ich die gesamte Menschheit nicht aufarbeiten kann und aus allen Verbrechen dieser Menschheit natürlich lernen muss.«

Zum Hinweis, dass bei seinen Veranstaltungen ein »Anheizer« dem Publikum »Sieg« zurufe und die Menge »Mund« zurückrufe, sagte er: »Was ist denn an meinem Namen falsch? Mein Name heißt Siegmund.«

Schuster sagte dazu: »Wer zu einer Menge von Anhängern der AfD «Sieg!» ruft, spielt auf die Sprechchöre der Nationalsozialisten an. Wer sich auf Nachfrage weigert, die Schoa als schlimmstes Verbrechen der Menschheitsgeschichte zu bezeichnen, relativiert damit die Verbrechen der Nationalsozialisten.«

Der Zentralratspräsident warf dem AfD-Politiker »völlige Schamlosigkeit« vor. Diese gebe der »Hetze der sogenannten Alternative eine neue Qualität« und müsse Demokraten wachrütteln. »Herr Siegmund und die AfD sind keine Alternative, sie sind eine Gefahr für unsere offene Gesellschaft und für unsere Demokratie«, sagte Schuster.

Siegmund hatte in dem Podcast auf den Hinweis des Interviewers auf das Menschheitsverbrechen Deutschlands vor 80 Jahren und auf eine besondere Verantwortung im Umgang mit Sprache gesagt: »Ich finde es maßlos übertrieben und völlig fernab jeglicher Realität, wie man das auslegt. Und für mich gilt es, eine Perspektive, nach vorne zu blicken und nicht zurück. Und natürlich muss man immer aus Geschichte lernen, aber nicht nur aus einzelnen Aspekten der Geschichte, sondern aus der gesamten Geschichte.«

Er sagte auch: »Der erste Schritt, wo ich aus der Geschichte lerne, ist ja, dass ich keine Sprachpolizei möchte. Wenn ich sage, das darfst du sagen, das darfst du nicht sagen, weil das vor 80 Jahren mal so und so war, dann beginne ich, eine Sprachpolizei einzurichten.«

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