Meinung

Viel Vergnügen in Bergen-Belsen?

Verunsichernde Orte» heißt eine Onlineplattform für Gedenkstättenpädagogik. «Verunsichernde Orte» ist auch eine gute Bezeichnung für ehemalige Konzentrationslager, die heute als Gedenkstätten dienen. Denn es sind Orte, die den Besucher verunsichern sollen. Und nicht – wie Gerhard Schröder das für das Berliner Holocaust-Mahnmal formuliert hat – Orte, «zu denen man gerne hingeht». Es sind schließlich auch riesige traurige Friedhöfe.

app Wer da gerne hingeht, hat – pardon – nicht mehr alle Latten am Zaun. Leider scheinen das eifrige Museumspädagogen mit technischem Enthusiasmus bisweilen zu vergessen. Und dann veranstalten sie an diesen Gedenkstätten echt coole Happenings. Zum Beispiel die Gedenkstätte Bergen-Belsen. Dort lädt man dieses Jahr – zum Tag des offenen Denkmals am 8. September – zu einer «Matinee mit Mittagsbuffet und Gypsy Swing» ein.

Danach gibt es eine Erkundung des Lagers mit einem neuen App-Guide: «ein innovativer, multimedialer Geländeguide», mit dem eine «virtuelle, dreidimensionale Rekonstruktion des Lagers» möglich sein wird. Wer das pietätlos findet, hat recht. Und zwar nicht wegen des App-Guides als solchem. Es gibt nämlich viele gute und hilfreiche Apps für historische Orte. Falsch ist es, weil es eine App ist, die derart angekündigt wird und die (vor allem!) das Lager virtuell wieder aufbaut.

Gut, vielleicht holt man auf diese Weise junge Leute in die Gedenkstätte. Vielleicht kann man sie so für diesen Ort begeistern, könnte das Argument lauten – aber schon da fängt das Problem an: Muss man eigentlich für einen solchen Ort begeistert werden? Braucht man eine 3D-Inszenierung, um via App das Lager abzuschreiten? Geht es mehr um die Architektur der Hallen als um den Respekt vor den Opfern? Und wo wird das enden? Kann man dann demnächst anderswo auch per App eine virtuelle Gaskammer erscheinen lassen und ein wenig damit herumspielen?

Eine App, die ein Konzentrationslager imaginär wiederaufbaut, quasi als technisches Highlight auf dem sonst so tristen Totenfeld, ist nicht nur – bestenfalls – sinnlos, sondern lenkt auch ab vom Zweck der Gedenkstätte. Und welche neuen Besuchergruppen man mit dem dreidimensionalen virtuellen KZ Bergen-Belsen noch so alles anlocken könnte, will ich mir lieber nicht ausmalen.

Die Autorin ist Schriftstellerin in Heidelberg.

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025