Justiz

Verfahren gegen Bischof Williamson eingestellt

Weltweit zu sehen: Auszug aus dem Interview mit Bischof Richard Williamson, hier in einer Ausstrahlung im argentinischen Fernsehen Foto: atv1

Das Oberlandesgericht Nürnberg hat das Strafverfahren wegen Volksverhetzung gegen den Traditionalistenbischof und Holocaustleugner Richard Williamson am Mittwoch vorläufig eingestellt. Die Richter sahen im Revisionsverfahren einen Verfahrensmangel.

Williamson, der zur ultrakonservativen Piusbruderschaft gehört, hatte schwedischen Fernsehjournalisten im November 2008 in einem Priesterseminar bei Regensburg ein Interview gegeben. Darin leugnete er die Existenz von Gaskammern in der NS-Zeit und den Mord an sechs Millionen Juden. Der Sender strahlte das Interview Ende Januar 2009 aus. Für Schlagzeilen sorgte, dass Papst Benedikt XVI. wenige Tage später die Exkommunikation des Bischofs aufhob und ihn in die katholische Kirche zurückholte.

Berufung Anders als in Schweden steht die Leugnung des Holocausts in Deutschland unter Strafe. Weil das Interview in der Nähe von Regensburg geführt wurde, leitete die dortige Staatsanwaltschaft im Jahr 2009 gegen Williamson ein Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung ein. Ein Jahr später verurteilte das Amtsgericht Regensburg den Bischof zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro. Doch der Verteidiger legte dagegen Berufung ein – mit dem Ergebnis, dass die nächste Instanz, das Landgericht Regensburg, die Strafsumme im Sommer 2011 auf 6.500 Euro herabsetzte. Auch dagegen legte Williamsons Verteidigung Berufung ein – beim Oberlandesgericht Nürnberg, wo das Verfahren jetzt auf Eis gelegt wurde.

Zur Begründung heißt es: Im Regensburger Strafbefehl werde nicht deutlich, wie und wo Williamsons umstrittene Äußerungen in Deutschland bekannt geworden seien. Dem Strafbefehl lasse sich nicht entnehmen, ob über die Fernsehausstrahlung hinaus eine Veröffentlichung im Internet ursprünglich geplant gewesen sei und ob Williamson damit hätte rechnen können. »Erst die Veröffentlichung in Deutschland, also nicht schon das Geben des Interviews ... kann die Strafbarkeit begründen«, stellten die Nürnberger Richter fest. Bei Volksverhetzung müsse die Tat »öffentlich oder in einer Versammlung« begangen werden. Die Staatsanwaltschaft Regensburg kann nun erneut Anklage erheben. Wenn sie das tut, beginnt alles von vorn.

Bundesverfassungsgericht Die Einstellung des Verfahrens gegen Williamson geschieht am selben Tag, da die Süddeutsche Zeitung auf eine mehr als drei Monate alte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufmerksam machte. Wie erst jetzt bekannt wurde, hob am 9. November 2011 in Karlsruhe eine dreiköpfige Kammer des Ersten Senats das Urteil gegen einen 88-jährigen Neonazi auf, der den Holocaust geleugnet hatte und in drei Instanzen wegen Volksverhetzung verurteilt worden war. Zur Begründung hieß es, der Mann dürfe sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen.

Führende Vertreter des Jüdischen Weltkongresses (WJC) zeigten sich entsetzt über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. WJC-Präsident Ronald S. Lauder ging in scharfen Worten auf den Richterspruch ein: »Das höchste deutsche Gericht liefert so die Anleitung für Neonazis, wie man in Deutschland den Holocaust ungestraft leugnen darf, obwohl ein Gesetz genau dieses doch verbietet. Nicht nur für die Angehörigen und Nachkommen von sechs Millionen ermordeten Juden ist dies ein Schlag ins Gesicht.« Lauder forderte das Gericht auf, die Entscheidung schnellstmöglich zu revidieren.

Kritik Die WJC-Vizepräsidentin und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, fügte hinzu: »Um das Gedenken an die Opfer der Nazis zu bewahren, hat sich der Gesetzgeber bewusst entschieden, die Leugnung des Holocausts dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit zu entziehen. Wenn diese Auffassung heute noch Bestand haben soll, muss der Straftatbestand restriktiv ausgelegt und angewendet werden. Eine Entsorgung durch die Hintertür der aushöhlenden Auslegung widerspricht unseren rechtsstaatlichen Prinzipien.«

»Ich finde das ungeheuerlich«, sagte Arno Hamburger (89), Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Jeder, der den Holocaust leugnet, ist in meinen Augen ein Verbrecher. Ich würde Williamson und andere gern fragen, wo meine Großeltern, wo meine Tante und mein Onkel sind. Ob sie auf Adlersflügeln gen Himmel geflogen sind, oder von den Nazis umgebracht wurden. Wie kann man ein Verbrechen, das fotografiert worden ist, das dokumentiert wurde, leugnen? Und die Justiz bestraft das nicht.«

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025