Antisemitismus

Was deutsche Studenten über Juden und Israel denken

Anti-Israel-Kundgebung an der FU Berlin Foto: IMAGO/serienlicht

Wie tief ist der Judenhass auch unter Studierenden an deutschen Hochschulen verwurzelt? Dieser Frage ging eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegebene Studie nach, deren Ergebnisse am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurden.

Insgesamt 2000 Studierende an deutschen Hochschulen nahmen an der repräsentativen Onlinebefragung teil, die im Dezember 2023 von Thomas Hinz und einem Team von der Universität Konstanz durchgeführt wurde. Anlass war der massive Anstieg der Antisemitismuszahlen nach dem 7. Oktober. Gefragt wurde unter anderem, inwieweit antisemitische Haltungen mit »Israel-Kritik« korrelieren.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Eine Mehrheit der befragten Studierenden drückte ihre Besorgnis über den Nahostkonflikt aus, wobei mehrheitlich sowohl das Leid der palästinensischen als auch der israelischen Bevölkerung anerkannt wurde.

Knapp drei Viertel der Studierenden sehe den Angriff der Hamas als einen »verabscheuungswürdigen Terrorakt« an, so die Studie. Allerdings sympathisieren 13 Prozent der Befragten mit den Anliegen der Terrororganisation. Eine deutliche Mehrheit von 58 Prozent der Befragten steht auch der israelischen Militäroperation im Gazastreifen kritisch bis ablehnend gegenüber. Dies unterscheidet sich nur unwesentlich von der entsprechenden Einstellung in der Gesamtbevölkerung.

Studierende sind allerdings traditionell und insbesondere angesichts des Krieges eher zu politischer Aktivität zu mobilisieren. Einseitige, sehr israelkritische Demonstrationsaufrufe wirkten aber weniger mobilisierend. Allerdings gibt es einen harten Kern von Anhängern der israelfeindlichen BDS-Bewegung, den die Studie auf 10 Prozent aller befragten Studierenden schätzt.

Etwas weniger, nämlich 8 Prozent der Befragten, hätten antisemitische Einstellungen an den Tag gelegt. Das sind rund 10 Prozentpunkte weniger als in der Gesamtbevölkerung. Deutlich stärker ausgeprägt seien Vorurteile gegen Juden unter Studierenden mit Migrationshintergrund, die nicht in Deutschland zur Schule gegangen sind.

Migrationshintergrund als möglicher Auslöser

Muslimische Studierende zeigten häufiger judenfeindliche Einstellungen als andere – vor allem dann, wenn sie aus dem Nahen Osten stammten. Ursächlich sei aber nicht nur die Religionszugehörigkeit: Auch Studierende mit christlicher Konfession unterstützten in der Befragung häufiger antisemitische Haltungen, wenn die Eltern aus einem solchen Land stammen. Noch eine Erkenntnis: Je religiöser der Student, desto eher hat er antisemitische Vorurteile.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch gruppenspezifische Auswertungen wurden vorgenommen. So hat jeder dritte jüdische Student, selbst Erfahrung mit Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit gemacht. Am häufigsten gehe Antisemitismus von Kommilitonen aus, seltener von Dozenten oder Mitarbeitern der Uni-Verwaltungen. Auch muslimische Studierende fühlen sich diskriminiert.

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger nannte diese Zahlen bei einer Pressekonferenz in Berlin »besorgniserregend«. Man wisse immer noch zu wenig über den Antisemitismus an Hochschulen und könne angesichts der Ergebnisse nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. »Gerade an Hochschulen, an denen wir ja eigentlich erwarten können, dass sie qua ihrer Aufgabe und des Umfeldes ein Ort sind, an dem keine Verschwörungstheorien Platz haben, sehen wir antisemitische Einstellungen, gerade israelbezogenen Antisemitismus«, so Stark-Watzinger.

Immer noch »Grauzonen«

Julia Bernstein, die Vorsitzende des Netzwerks jüdischer Hochschullehrender, nannte Berichte jüdischer Studierender, wonach an Hochschulen das Massaker der Hamas vom 7. Oktoner weitgehend bagatellisiert wird, »unerträglich«. Weiter sagte sie: »Es geht nicht um universale Kriegskritik, sondern um die Auswirkung des Angriffs der Hamas und des Kriegs auf Sicherheit und Wohlbefinden der Juden in Deutschland und auf dem Campus.« Auch das Schweigen zu aggressiven Haltungen Juden gegenüber trage zur Verunsicherung jüdischer Studierender bei, so Bernstein. Das werde in der jetzt vorgelegten Studie zu wenig behandelt. Es gebe noch einige Grauzonen, die untersucht werden müssten.

Weiter sagte sie: »Viele jüdische Studierende verbergen ihre Identität und Symbole. Veranstaltungen zum Thema Israel, Hamas sowie zu jüdischen Themen finden vermehrt unter Sicherheitsmaßnahmen statt. Das alles muss man sehr ernst nehmen und dabei jüdische Perspektiven in den Vordergrund stellen.« Die Sichtbarkeit jüdischen Lebens an deutschen Universitäten und Hochschulen sei momentan in Gefahr, sagte Bernstein.

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025

Soziale Medien

Plattform X: Israelfeindliche und antisemitische Inhalte aus Pakistan und der Türkei

Ein neues Transparenz-Feature zeigt: Angeblich von westlichen »Israelkritikern« betriebene Konten werden in Wirklichkeit aus anderen Teilen der Welt bearbeitet

 24.11.2025

Washington D.C.

Trump kündigt Einstufung der Muslimbrüder als Terrororganisation an

Der Organisation würde mit diesem Schritt der Zugang zu finanzieller Unterstützung verwehrt. Die Muslimbruderschaft wird immer wieder mit radikalen Ablegern in Verbindung gebracht

 24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025