Sicherheit

Studie: Antisemitismus in den eigenen Reihen kaum Thema bei Polizei

Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Laut einer Recherche des Mediendienstes Integration mangelt es in fast allen Bundesländern an strukturellen Maßnahmen gegen Rassismus und Antisemitismus in der Polizei.

Die Themen kämen wenig bis gar nicht in der Polizeiausbildung vor, sagte der Leiter des Mediendienstes, Mehmet Ata, am Donnerstag in Berlin nach der Auswertung einer Umfrage unter allen Innenbehörden von Bund und Ländern.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Unabhängige Rassismus-Studien liefen bislang nur in den drei Bundesländern Berlin, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. In Thüringen sei eine geplant, im Hamburg werde sie von den Polizeigewerkschaften blockiert.

Module in der Polizeiausbildung, etwa zum Thema Racial Profiling, gebe es bislang nur in fünf Bundesländern, darunter in Berlin, dem Saarland und in Thüringen, sagte Ata. In Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg gebe es entsprechende Module nur für den gehobenen Dienst. In den übrigen elf Bundesländern und bei der Bundespolizei sei möglicher Rassismus nicht Bestandteil der Ausbildung.

FREIWILLIG Auch in der weiteren Polizei-Laufbahn gebe es in den Ländern keine verpflichtenden Fortbildungen zu den Themen Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus. Sie seien entweder freiwillig wie in Brandenburg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen oder nur für Führungskräfte vorgesehen wie in Bayern und im Saarland.

Kritisiert wird auch das Fehlen von unabhängigen Polizei-Beschwerdestellen. Diese gebe es bislang nur in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen (im Aufbau), Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler hält die Umfrage nur für bedingt aussagekräftig.

Nordrhein-Westfalen plane eine Beschwerdestelle, die beim Landtag angesiedelt ist. Der Mediendienst bemängelt zudem, dass es außer in Bremen und Schleswig-Holstein und im Polizeipräsidium in Frankfurt am Main keine Referentinnen oder Referenten für Antidiskriminierung gibt.

RECHERCHE Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Fiedler hält die Umfrage nur für bedingt aussagekräftig. Nur weil ein Modul nicht einen entsprechenden Titel trägt, werde das Thema bei der Polizeiausbildung noch lange nicht ausgeklammert, sagte der ehemalige Kriminalhauptkommissar und langjährige Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter: »Es gibt wichtige Initiativen, die bei der Recherche nicht abgefragt wurden.« So habe sich etwa das Bundeskriminalamt ein entsprechendes eigenes Wertegerüst erarbeitet.

Fiedler betonte zudem, man dürfe sich nicht nur auf die Dienstgeschäfte in den Sicherheitsbehörden konzentrieren, sondern müsse auch im Blick haben, was sich um die Behörden herum abspielt.

»Rechtsextreme Polizisten werden sich von entsprechenden Akademiker-Referaten nicht überzeugen lassen.«

Es gehe darum, die Sicherheitsbehörden resilienter zu machen: »Dafür müssen wir die Strategien der Rechten und Verschwörungsextremisten durchschauen und miteinbeziehen.«

Der Antiziganismusforscher und Politikwissenschaftler Markus End von der TU Berlin bezweifelt, dass sich Rassismus mit Fortbildungen bekämpfen lässt. »Rechtsextreme Polizisten werden sich von entsprechenden Akademiker-Referaten nicht überzeugen lassen«, sagte End. Das Kernproblem sei der institutionelle Rassismus. Das betreffe nicht nur die Polizei, sondern auch Ausländerbehörden und Arbeitsagenturen.

Lesen Sie mehr zum Thema in unserer nächsten Printausgabe am Donnerstag.

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025