Mit einer Rede vor dem Bundestag bei der Gedenkstunde für die Millionen Opfer des Nationalsozialismus sowie einer Podiumsdiskussion mit Jugendlichen beendet Israels Staatspräsident Reuven Rivlin am Mittwoch seinen dreitägigen Berlin-Besuch.
Seine emotionale Ansprache im Parlament begann er am Vormittag mit dem Jiskor-Gebet. Zum Schluss erhielt er langen Beifall. Rivlin sagte, Israel und Deutschland müssten auf Basis gemeinsamer Werte den Blick in die Zukunft richten. Er wolle nicht Moral predigen, betonte Israels Präsident und drückte Deutschland seine Hochachtung aus für die »wahren aufrichtigen Anstrengungen«, die Vergangenheit zu bewältigen.
»Rassismus, Nationalismus und Kriegstreiben dürfen sich nicht wiederholen«, sagte er. Europa werde heute von den Geistern der Vergangenheit heimgesucht, warnte er und nannte Nationalismus, Fremdenhass und einen hässlichen und extremen Antisemitismus. Rivlins Rede auf Hebräisch wurde simultan übersetzt.
Leuchtturm Die ständige Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Holocaust habe es möglich gemacht, ein neues Kapitel aufzuschlagen, sagte Rivlin. Deutschland sei mit seiner Geschichte des Schreckens ein Leuchtturm für Verantwortung und moderate Kräfte geworden. »Die Verantwortung, die auf den Schultern Deutschlands lastet, ist enorm.«
»Ich stehe hier, um Ihnen zu sagen, dass der Staat Israel und Deutschland wahre Partner sind«, sagte der israelische Präsident Reuven Rivlin.
Der Kampf gegen Antisemitismus müsse hartnäckig, Generation um Generation, weitergeführt werden, betonte Israels Präsident. »Wir dürfen nicht nachlassen. Deutschland darf hier nicht versagen», sagte er. »Ich stehe hier, um Ihnen zu sagen, dass der Staat Israel und Deutschland wahre Partner sind. Gemeinsam stehen wir mit unseren Werten dagegen an«, sagt er. Ausdrücklich dankte er der Bundesregierung, die sich der Sicherheit Israels verschrieben habe.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte zuvor in seiner Rede, das Erinnern an die NS-Zeit zu einem Ritual erstarren zu lassen. Er forderte, neue Formen des Gedenkens zu finden – »für eine junge Generation, die fragt, was die Vergangenheit mit ihnen und ihrem Leben heute zu tun hat«.
Am Dienstag waren Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Rivlin gemeinsam mit Schülern des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn zu einer Diskussion zusammengekommen. Rivlin ermutigte die Jugendlichen, den Davidstern auch öffentlich zu tragen, wenn sie es wollten. »In einer freien Welt kann sich jeder so zeigen, wie er möchte«, sagte der israelische Präsident.
engagement Antisemitische Übergriffe sollten mit allen juristischen Mitteln konsequent verfolgt werden, fügte er hinzu. Zudem forderte er ein zivilgesellschaftliches Engagement gegen jegliche Form von Rassismus und Antisemitismus.
Danach traf Israels Staatsoberhaupt mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zusammen. Im Anschluss an das Treffen twitterte Rivlin: »Die strategische Verteidigungspartnerschaft zwischen unseren Ländern ist ausgezeichnet, und es ist wichtig, sie zu vertiefen.«
Am Dienstagabend führte Rivlin Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas.
Am Dienstagabend führte Rivlin dann Gespräche mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie mit Außenminister Heiko Maas (SPD), und er nahm an einem von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) zu seinen Ehren ausgerichteten Abendessen teil.
Rivlin dankte Maas ausdrücklich für sein Engagement im Kampf gegen den Antisemitismus und die Zusage der Bundesregierung, für Israels Sicherheit einzustehen. Weiter erklärte Rivlin: «Wir bewundern und respektieren seine Initiative gegen die Diskriminierung Israels in internationalen Organisation.«
verbundenheit Mit einer Reihe gemeinsamer Auftritte in Berlin wollten Steinmeier und Rivlin bewusst ein Zeichen der Verbundenheit zwischen ihren beiden Ländern setzen. So hatte der Bundespräsident auf Einladung Rivlins vergangene Woche am World Holocaust Forum in Yad Vashem teilgenommen und erstmals als deutscher Vertreter dort eine Rede gehalten.
Auch an der Gedenkfeier in Auschwitz am Montag nahmen die beiden Präsidenten teil und flogen im Anschluss gemeinsam nach Berlin. Im Bundestag dankte Bundespräsident Steinmeier , der zuvor gesprochen hatte, Rivlin ausdrücklich dafür: »Dass ein israelischer Präsident die schmerzhaften Schritte der Erinnerung gemeinsam mit einem Deutschen gegangen ist, erfülle ihn mit tiefer Demut, so Steinmeier. Er empfinde es als Verpflichtung, der die Deutschen gerecht werden müssten: »Lieber Reuven Rivlin, es ist ein Geschenk. Danke – im Namen meines Landes!« ag/mth/dpa