27. Januar

Gedenken in Auschwitz

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender beim Gedenken in Auschwitz Foto: dpa

Zum Holocaust-Gedenken zeichnet sich eine Entspannung im Verhältnis zwischen Israel und Polen ab. Israels Präsident Reuven Rivlin lud seinen polnischen Kollegen Andrzej Duda am Montag zu einem Besuch ein.

»Wir möchten der polnischen Nation heute die Hand geben und bitten, dass wir erneut auf den Weg zurückkehren, den wir gemeinsam gehen können«, sagte Rivlin in Oswiecim nach einer Begegnung mit Duda vor der Gedenkfeier in dem früheren deutschen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau.

Protest Duda hatte am Donnerstag nicht am Holocaust-Gedenken in Yad Vashem teilgenommen – aus Protest dagegen, dass die Organisatoren ihm kein Rederecht einräumen wollten. Dies hatte das polnisch-israelische Verhältnis belastet. In Yad Vashem hatten außer Rivlin unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Russlands Präsident Wladimir Putin gesprochen. Putin hatte die Polen zuvor mit Äußerungen über die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs verärgert.

In das Gästebuch der Gedenkstätte schrieb Steinmeier, er verneige sich in Trauer vor den Opfern und den Überlebenden.

Zu der Gedenkfeier am Nachmittag trafen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender in Polen ein. Sie nahmen an einem Rundgang durch das ehemalige deutsche Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau teil.

Einheiten der sowjetischen Roten Armee hatten dieses vor genau 75 Jahren erreicht und mehr als 7000 noch lebende Häftlinge befreit. Viele von ihnen starben jedoch innerhalb kurzer Zeit an den Folgen von Hunger, Krankheiten und Erschöpfung.

Gästebuch In das Gästebuch der Gedenkstätte schrieb Steinmeier, er verneige sich in Trauer vor den Opfern und den Überlebenden. »Wir wollen und werden ihr Leid nicht vergessen. Diese Erinnerung ist aber auch Mahnung: Wer den Weg in die Barbarei von Auschwitz kennt, muss den Anfängen wehren! Dies ist Teil der Verantwortung, die keinen Schlussstrich kennt.«

Steinmeier hatte sich am Morgen zunächst im Schloss Bellevue mit drei Überlebenden des Holocaust getroffen. Diese flogen anschließend zusammen mit ihm nach Polen. Vor der offiziellen Gedenkfeier hatten der Bundespräsident und seine Frau einen Gang durch das ehemalige Stammlager Auschwitz I geplant. Für beide war es der erste Besuch in Auschwitz.

Nazis Unter den Holocaust-Überlebenden, die Steinmeier begleiten, ist Mano Höllenreiner. Im Alter von neun Jahren wurde er gemeinsam mit seiner Familie von den Nazis nach Auschwitz verschleppt. »So etwas darf nie mehr wiederkommen«, sagte Höllenreiner vor dem Abflug. Es sei ganz schlimm, »dass es schon wieder so viele Nazis gibt». Er könne deswegen manchmal nachts schon nicht mehr schlafen. »Das ist eine Schande für Deutschland«, sagte Höllenreiner.

Der Bundespräsident betonte, es dürfe kein Schlussstrich unter das Erinnern an den Holocaust gezogen werden.

Die 95-jährige Bat-Sheva Dagan, die bei der offiziellen Gedenkveranstaltung sprach, nannte Auschwitz eine »teuflische Welt«, in der die Menschenwürde nichts zählte. Dagan lebt heute in der Nähe von Tel Aviv. Den Verlust ihrer Haare beschrieb sie als eine der schlimmsten Erfahrungen. Für sie habe das den Verlust ihrer Weiblichkeit bedeutet. »Das Ziel war, mich eines menschlichen Antlitzes zu berauben«, sagte sie.

Vor den internationalen Gästen aus aller Welt erinnerte sie an die Verantwortungslosigkeit der Weltgemeinschaft. »Wo wart ihr, wo war die Welt, die sah und hörte und nichts tat, um diese vielen Tausend zu retten?«, fragte die 95-Jährige. Bewegt verlieh sie auch ihrer Sprachlosigkeit Ausdruck. »Was soll ich sagen? Denn nur mit Tränen kann ich diese Vergangenheit begießen«, sagte sie.

Der Name Auschwitz hat sich als Synonym für den Holocaust und Inbegriff des Bösen weltweit ins Bewusstsein eingebrannt. Allein dort brachten die Nationalsozialisten mehr als eine Million Menschen um, zumeist Juden. In ganz Europa ermordeten sie während der Schoa etwa sechs Millionen Menschen jüdischen Glaubens.

Yad Vashem Steinmeier hatte am vergangenen Donnerstag bereits am internationalen Holocaust-Forum in Yad Vashem teilgenommen. In einer Rede bekannte er sich zur deutschen Schuld am Holocaust und sagte den Schutz jüdischen Lebens heute zu. Er räumte ein, dass es in Deutschland wieder Übergriffe auf Juden und einen »kruden Antisemitismus« gebe. Der Bundespräsident betonte, es dürfe kein Schlussstrich unter das Erinnern an den Holocaust gezogen werden.

Auch in Berlin wurde am Montag der Gedenktag an die Befreiung von Auschwitz begangen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) betonte den Stellenwert der Erinnerungskultur. »Authentische Orte halten die Erinnerung an das Unfassbare wach«, teilte sie mit.

Im Mittelpunkt des Gedenkprogramms in der Bundeshauptstadt sollte ein Konzert in der Staatsoper Unter den Linden stehen, zu dem am Abend Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erwartet wurden.  dpa/epd

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024