Meinung

Shampoo mit Tabubruch

Aycan Demirel Foto: Uwe Steinert

Wenn du keine Frauenkleidung trägst, warum benutzt du dann Frauenshampoo?» Der Mann, der sich vor Machotum nur so überschlägt, ist kein anderer als Adolf Hitler. Er tut es in einem Werbespot, der einige Zeit auf allen großen TV-Kanälen der Türkei gezeigt wurde. Immer wieder kommt es vor, dass Hitler als Aufmerksamkeitsmagnet in der Werbebranche eingesetzt wird – Tabubruch inklusive. Die Türkei bildet dabei keine Ausnahme, in Deutschland etwa sorgte vor wenigen Jahren eine Anti-Aids-Kampagne für Unmut, die Hitler unter dem Titel «AIDS ist ein Massenmörder» beim Geschlechtsverkehr zeigte.

Öffentlicher Druck führte dazu, dass der Spot nicht weiter gezeigt wurde. Doch im Gegensatz zu Deutschland hat der Shampoo-Werbespot mit Hitler in der Türkei keine Welle der Entrüstung ausgelöst. Während die politische Kultur in unserem Land solche Fehltritte ins gesellschaftliche Abseits befördert, ist eine starke Distanzierung dort noch eine Illusion.

Gewiss, Deutschland und die Türkei haben unterschiedliche Bezüge zur NS-Geschichte. Aber dennoch bedürfen die hohen Sympathiewerte für einen antisemitischen Massenmörder einer Erklärung: Ohne Zweifel genießt Hitler in bestimmten ideologischen Lagern große Sympathien.

Sein Buch Mein Kampf wurde vor wenigen Jahren zum Bestseller. Von extrem nationalistischen Verlagen wird das Machwerk heute noch zu Spottpreisen verkauft. Bei den von der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung organisierten Protesten gegen den Gaza-Krieg 2009 zeigten Demonstranten ein riesiges Transparent, auf dem ein Hakenkreuz und der Spruch «Prima gemacht» zu sehen war.

Hetze All das verwundert kaum, wenn man weiß, wie das politische Establishment der Türkei mit dem islamistischen Rand der politischen Landschaft umgeht. Ministerpräsident Erdogan legitimiert nicht nur die islamistische Hamas, sondern hofiert auch im eigenen Land bekennende Antisemiten.

Zu dem ausgewählten Journalistenkreis, der ihn bei seinen Auslandreisen begleiten darf, gehört immer wieder ein gewisser Hasan Karakayali, Chefredakteur der islamistischen Tageszeitung Vakit. Diese wurde 2005 in Deutschland wegen antisemitischer Hetze und Holocaustleugnung verboten.

Dass es jetzt kaum distanzierende Reaktionen auf den Werbespot gab, verweist deutlich auf einen blinden Fleck der türkischen Zivilgesellschaft. Es zeigt wieder einmal, dass die Juden in der Türkei auf sich allein gestellt sind, wenn es darum geht, die Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus, die Trivialisierung von Holocaust und Antisemitismus zu bekämpfen.

Der Autor ist Mitbegründer der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus.

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025