Ehrung

»Sei ein Mensch«: Ehrung für Marcel Reif

Marcel Reif bei seiner Rede im Bundestag am 31. Januar 2024 Foto: picture alliance/dpa

Der Deutsche Rednerpreis ist für »Personen des öffentlichen Lebens« gedacht, »die durch rhetorische Meisterleistungen oder bedeutende Reden mit der Kraft der Sprache Menschen und Medien bewegt haben«. In diesem Jahr dürfte der German Speakers Association die Wahl des Preisträgers leichtgefallen sein: Der Sportjournalist Marcel Reif bewegte seine Zuhörer am 31. Januar mit seiner »Sei ein Mensch«-Rede sehr.

Das Parlament hatte an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz vor 79 Jahren erinnert. Reif, dessen Vater ein polnischer Jude war, gab im Rahmen seiner Rede einen »kleinen, großartigen wundervollen« Satz wieder, den er immer wieder von ihm gehört habe: »Sei ein Mensch.«

Diesen Appell gab Reif im Bundestag weiter – in einer Situation, in der sich der Judenhass in Deutschland erneut verbreitet, knapp acht Jahrzehnte nach dem Sieg der Alliierten über Nazi-Deutschland und der Befreiung vom Faschismus in Europa.

Reif: »Habe nur weitergegeben, was mein Vater mir gesagt hat«

»Nie wieder« sei »mitnichten ein Appell«, so Reif, sondern müsse »gelebte, unverrückbare Wirklichkeit« sein. Die Ereignisse in Deutschland seit den Massakern des palästinensischen Terrors im Süden Israels vom 7. Oktober 2023 hätten ihn entsetzt. Mit seinen Worten rührte der Journalist viele Zuhörer zu Tränen, darunter auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).

Marcel Reif äußerte sich gegenüber der Jüdischen Allgemeinen zur Auszeichnung: »Ich habe mich nur mit fremden Federn geschmückt und weitergegeben, was mein Vater mir gesagt hat. Der Preis ist natürlich schön, aber mir wäre es wichtiger, dass alle, die die Rede gehört haben, sie auch verstanden haben und danach handeln.«

Sichtlich bewegt: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD)Foto: picture alliance/dpa
»Überzeugendes Beispiel«

Die German Speakers Association übergibt Reif die Ehrung im September im Münchner Leonardo Royal Hotel, im Rahmen des Jahreskongresses dieses Berufsverbandes professioneller Redner. Der Journalist und Bestsellerautor Richard C. Schneider hält die Laudatio.

Laut Volker Römermann, dem Vorsitzenden des Gremiums Deutscher Rednerpreis, hat »Sei ein Mensch« das Potenzial, zu einem geflügelten Wort zu werden: »Es wurde in unzähligen Headlines aufgegriffen und setzt sich fest im Bewusstsein der Menschen. Dieser scheinbar kleine Appell ist ein überzeugendes Beispiel dafür, was Rhetorik bewirken kann.«

Lesen Sie auch

Von Tel Aviv nach Kaiserslautern

Marcel Reif wurde 1949 im polnischen Wałbrzych geboren. Sein Vater wurde von dem prominenten Industriellen Berthold Beitz gerettet, der ihn aus einem Deportationszug der Nazis holte. Reifs Großvater und andere Familienmitglieder wurden von den Nazis ermordet.

Aufgrund des Judenhasses in Polen wanderte Reifs Familie 1956 nach Israel aus. Als er acht Jahre alt war, zogen die Reifs von Tel Aviv nach Kaiserslautern, wo sein Vater für die amerikanischen Streitkräfte tätig war. Beim 1. FC Kaiserslautern spielte Marcel Reif Fußball.

Nach einem abgebrochenen Studium landete er als Reporter beim ZDF und wurde nach einer Zwischenstation im Londoner Büro des Senders Sportreporter.

Antiisraelischer Beschluss

Linken-Spitze distanziert sich von Parteijugend

Die Linksjugend Solid wirft Israel unter anderem einen »kolonialen und rassistischen Charakter« vor – und löst in der Partei Empörung aus

 06.11.2025

Urteil

Betätigungsverbot für israelfeindlichen Aktivisten war rechtswidrig

Ghassan Abu-Sittah, der der israelischen Armee vorwirft, vorsätzlich Kinder zu töten, hätte auf dem »Palästina-Kongress« sprechen dürfen

 06.11.2025

Terrorismus

Nach Hamas-Festnahme: Waffenfund in Österreich

Der österreichische Verfassungsschutz stellte fünf Faustfeuerwaffen und zehn Magazine sicher

 06.11.2025

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Ostdeutschland

AfD-Regierung als »Schreckensszenario«

Zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wächst in den jüdischen Gemeinden die Sorge vor einem Sieg der AfD

von Joshua Schultheis  06.11.2025