Meinung

Priebke, der Papst und die Piusbrüder

Sollte in der katholischen Kirche jemand jemals ernsthaft geglaubt haben, man könne die Piusbruderschaft umarmen und befrieden, allerspätestens jetzt ist er widerlegt. Es waren nämlich die Piusbrüder, die zur Trauerfeier für den verstorbenen NS-Verbrecher Erich Priebke aufgerufen hatten. Es war einer ihrer Priester, der dies mit den Worten verteidigte, der verurteilte Massenmörder sei »mein Freund, ein Christ, ein treuer Soldat« gewesen. Und es war auch dieser Piusbruder, der hinterherschob, der »einzige Holocaust«, den es je gegeben habe, sei der Tod Jesu Christi gewesen.

Gewiss, der Mann, der so sprach, der österreichische Priester Florian Abrahamowicz, wurde 2009 wegen Leugnung des Holocausts sogar aus der Piusbruderschaft ausgeschlossen. Aber als es jetzt um die Ehrung des SS-Verbrechers Priebke ging, stellten die feinen Brüder ihm selbstverständlich ihre Räumlichkeiten zur Verfügung.

Der Bruch, den die Truppe mit Abrahamowicz vollzogen hat, ist genauso unglaubwürdig wie der Bruch mit ihrem früheren Bischof Richard Williamson. Der verurteilte Holocaustleugner wurde keineswegs wegen seines offenen Rechtsextremismus und Antisemitismus aus der Bruderschaft ausgeschlossen, sondern bloß, weil er nicht genügend Respekt gezeigt habe, »den er seinen rechtmäßigen Oberen schuldet«.

erzkonservativ All das zeigt: Der katholischen Kirche ist es nicht gelungen, die erzkonservativen Piusbrüder inhaltlich einzubinden; es gab von ihnen keine Zustimmung zur Abkehr von der Judenmission oder zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Vielmehr hat der Vatikan auf alle Bedingungen verzichtet, als er die Piusbrüder wieder unter sein Dach holte – in der aberwitzigen Hoffnung, diese Brüder ließen sich domestizieren. Das Gegenteil war der Fall. Als im Jahr 2009 der deutsche Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation der Piusbrüder aufhob, geschah dies kurze Zeit nach der Wiedereinführung der lateinischen Messe mit der Karfreitagsfürbitte für die »perfiden Juden«.

Der Vatikan bewegte sich also auf die von ihrer Liturgie berauschten Piusbrüder zu – und nicht umgekehrt. Was sich vor wenigen Jahren noch als innerkatholische Auseinandersetzung abtun ließ, geht nach den Fällen Williamson und Priebke die gesamte Öffentlichkeit an: Die Kirche, an ihrer Spitze der neue Papst Franziskus, muss den Piusbrüdern glaubwürdig ihre Grenzen aufzeigen. Oder sie wieder rausschmeißen.

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Ahmad Mansour gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

TV-Kritik

Allzu glatt

»Denken ist gefährlich«, so heißt eine neue Doku über Hannah Arendt auf Deutsch. Aber Fernsehen, könnte man ergänzen, macht es bequem - zu bequem. Der Film erklärt mehr als dass er zu begeistern vermag

von Ulrich Kriest  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025