Bundespräsident

Passende Besetzung

Der künftige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Sonntag im Bundestag Foto: dpa

Der neue Mann in Schloss Bellevue ist ein alter Bekannter. Bereits als Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator zu Zeiten der rot-grünen Regierung erwarb sich Frank-Walter Steinmeier den Ruf, ein durchsetzungsfähiger Pragmatiker zu sein, der mit seiner ruhigen Art politische Weggefährten und Kontrahenten gleichermaßen zu beeindrucken wusste. Es folgten zwei Amtszeiten als Außenminister in Merkels großer Koalition. Er gilt vor allem als guter Krisenmanager.

Diese Eigenschaften dürften ihm sehr zugutekommen, als Bundespräsident nicht einfach nur seinen repräsentativen Pflichten nachzukommen, sondern das Amt auch mit Inhalten zu füllen. Gerade in Zeiten des aufkommenden Rechtspopulismus sowie großer Unsicherheiten ist diese Art von Anti-Trump als Politiker besonders wichtig – auch für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland.

In seiner Rede nach der Wahl am Sonntag rief der designierte Bundespräsident die Deutschen denn auch zu mehr Mut auf. »Wir leben in stürmischen Zeiten.« Scheinbar gerate die Welt aus den Fugen, und viele würden sich fragen, was eigentlich noch der Kitt sei, der die Gesellschaft zusammenhalten kann.

zentralrat »Frank-Walter Steinmeier zählt ohne Zweifel zu den aufrechten und standfesten Verfechtern unserer demokratischen Werte und unseres Rechtsstaats«, erklärte Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der dem frisch gebackenen Bundespräsidenten ein persönliches Glückwunschschreiben zusandte. »Wir sind zuversichtlich, dass Frank-Walter Steinmeier in seinem Amt für eine pluralistische, tolerante und offene Gesellschaft einstehen wird.«

Darüber hinaus betonte Schuster, dass Steinmeier »die Erinnerung an die Schoa sowie die daraus resultierende Verantwortung für Israel sehr am Herzen« liegt. Das Existenzrecht Israels und seine Sicherheit seien für Steinmeier nie verhandelbar gewesen. »Wir gehen davon aus, dass Dr. Steinmeier auch in dieser Hinsicht an das positive politische Wirken seines Amtsvorgängers Joachim Gauck anknüpfen wird.«

Auch der Jüdische Weltkongress (WJC) begrüßte die Wahl. »Ich kenne Herrn Steinmeier schon seit vielen Jahren und habe ihn oft getroffen«, so WJC-Präsident Ronald S. Lauder. »Er hat genau die Eigenschaften, die man für dieses hohe Amt braucht: Er hört seinen Gesprächspartnern zu, ist offen für Vorschläge, und er gibt nie auf, sondern verfolgt beharrlich seine Ziele.« Kurzum, ein Diplomat par excellence. Aber viel wichtiger: »Er ist auch ein Freund der jüdischen Gemeinschaft und jemand, dem das Wohl Israels am Herzen liegt.«

vertrauen Steinmeier genießt in der jüdischen Welt Vertrauen – obwohl seine Unterstützung der Resolution des UNO-Weltsicherheitsrates vor wenigen Wochen, die den Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten verurteilte, nicht nur in Israel kritisiert wurde und zu einigen Irritationen geführt hatte.

Viel Lob aber erhielt er 2016 für seine Rede anlässlich des 75. Jahrestags der deutschen Massenerschießungen von Juden in Babij Jar nahe Kiew. »Ukraine, Russland, Weisßrussland, Moldawien, das Baltikum – in keine andere Region bin ich in den letzten Jahren so häufig gereist«, sagte Steinmeier damals. »Unter diesen Landschaften, unter dem Hier und Heute, liegen Schichten verborgen, die uns Deutsche viel tiefer, viel schicksalhafter mit dieser Region verbinden.«

wahl Zu den interessanten Details der Wahl Steinmeiers gehört, dass – anders als bei früheren Wahlen – prominente Juden in der Bundesversammlung weitgehend fehlten: Lediglich Marina Weisband, nominiert von der Piratenpartei, kam zur Bundespräsidentenwahl.

Aus Israel gab es übrigens Glückwünsche vom früheren Premierminister Ehud Barak und von Schriftsteller David Grossman, hieß es im Büro Steinmeiers. Mit Staatspräsident Reuven Rivlin fand am Mittwoch ein persönliches Telefongespräch statt. Rivlins Sprecher teilte im Anschluss mit, dass Israels Staatspräsident Steinmeier zur Wahl gratuliert und die Einladung zu einem baldigen Besuch in Israel ausgesprochen habe. Steinmeier soll erklärt haben, dass ihm Israel sehr am Herzen liege und er sich freue, das Land bei der erstbesten Gelegenheit zu besuchen.

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025

Soziale Medien

Plattform X: Israelfeindliche und antisemitische Inhalte aus Pakistan und der Türkei

Ein neues Transparenz-Feature zeigt: Angeblich von westlichen »Israelkritikern« betriebene Konten werden in Wirklichkeit aus anderen Teilen der Welt bearbeitet

 24.11.2025

Washington D.C.

Trump kündigt Einstufung der Muslimbrüder als Terrororganisation an

Der Organisation würde mit diesem Schritt der Zugang zu finanzieller Unterstützung verwehrt. Die Muslimbruderschaft wird immer wieder mit radikalen Ablegern in Verbindung gebracht

 24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025