documenta

Parlament diskutiert über antisemitische Eklats

Deutscher Bundestag (Symbolfoto) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der Bundestag hat am Donnerstagabend einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zu den Antisemitismusskandalen bei der documenta diskutiert und nach rund 50-minütiger Debatte mehrheitlich abgelehnt.

Im Antrag bezeichnete die Union die Vorgänge bei der Weltkunstschau in Kassel als »kulturpolitische und gesellschaftspolitische Katastrophe«, die für weltweites Entsetzen gesorgt habe. Es müsse jetzt eine »ehrliche, schonungslose und lückenhafte Aufklärung« geben, eine unabhängige Untersuchungskommission solle eingesetzt werden, »die Fehlplanungen, Fehlprozesse sowie Fehlentscheidungen aufzeigt sowie personelle Verantwortlichkeiten benennt«. Zudem solle der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung einen Bericht vorlegen, der die Tragweite und Folgen des Skandals bewertet. 

Die Debatte folgte auf die Anhörung im Kulturausschuss am Mittwoch, bei der Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats, von »Judenhass in reinster Form« gesprochen hatte.

Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann, stellvertretendes Mitglied im Kulturausschuss, sagte unserer Zeitung: »Der Antisemitismusskandal auf der documenta war ein Eklat mit Ansage. Die Warnungen waren laut und zahlreich. Jetzt will niemand Verantwortung übernehmen. Das ist inakzeptabel.« Gebraucht werde eine transparente Aufklärung, denn es scheine sich um ein strukturelles BDS-Problem zu handeln, so Connemann. 

SPD-Kulturausschussmitglied Helge Lindh merkte an, dass sich das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa für »den Schmerz und die Angst« entschuldigt habe, die die antisemitischen Karikaturen auslösen. Doch das verkenne massiv »den realen Schmerz und die Angst der Opfer von Antisemitismus in Vergangenheit und Gegenwart.« Es gehe nicht um Gefühle, Befindlichkeiten, Sensibilitäten. Es gehe um Fakten, Tatsachen, Geschichte. »Antisemitismus tötet. Stereotype und Karikaturen des Judenhasses mündeten im Massenmord«, so Lindh.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Grünen-Abgeordnete Marlene Schönberger meinte, Kulturstaatsministerin Claudia Roth tue, was getan werden müsse. »Sie hat einen Fahrplan vorgelegt, der die richtige Reaktion auf den Antisemitismus auf der documenta ist.« Dieses Vorgehen hätte sie sich von der Leitung der documenta von Anfang an gewünscht, so Schönberger. An die notwendige Strukturreform der documenta müsse sich eine größere Debatte anschließen. »Es gibt Leerstellen, was den Umgang mit Antisemitismus in Kunst- und Kulturräumen betrifft.« Kunst sei frei, aber nicht kritikfrei. »Und die Freiheit der Kunst beinhaltet nicht die Freiheit gegen Menschen zu hetzen.«

Zehn Rednerinnen und Redner hatten sich in der Debatte zu Wort gemeldet. Der Antrag der CDU/CSU wurde von den Parlamentariern der SPD, Bündnis 90/Grüne, FDP und Linke abgelehnt. Die AfD, die auch einen eigenen Antrag eingebracht hatte, stimmte dafür. 

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Debatte im Plenum folgte auf die Anhörung im Kulturausschuss des Bundestages am Mittwochnachmittag, bei der Daniel Botmann,  Geschäftsführer des Zentralrats der Juden, von »Judenhass in reinster Form« und einer »massiven Entgleisung« gesprochen hatte. Er machte die documenta-Leitung direkt dafür verantwortlich, namentlich den Aufsichtsratsvorsitzenden, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), und die Generaldirektorin Sabine Schormann. Beide waren nicht im Ausschuss erschienen.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth hatte auf die Notwendigkeit einer auch internationalen Bekämpfung des Antisemitismus hingewiesen: »Der Holocaust ist eine deutsche Erfindung. Daraus erwächst eine Verantwortung für unser Land und für uns alle«, sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch im Kulturausschuss des Bundestages. »Wenn wir es also ernst meinen, dann müssen wir die globale Realität des Antisemitismus gerade als Deutsche auch im globalen Zusammenhang bekämpfen.« ddk/dpa

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025

Riad/Istanbul

Scheinbar doch kein Treffen zwischen Witkoff und Hamas-Führer

Es geht um die Umsetzung der nächsten Schritte des Trump-Plans. Den zentralen Punkt der Entwaffnung der Hamas lehnt die Terrororganisation ab

 19.11.2025 Aktualisiert