Wiesbaden/Berlin

»NSU 2.0«-Drohschreiben: Verdächtiger festgenommen

Opfer der Drohmails war auch die heutige Linken-Chefin Janine Wissler. Foto: imago images/epd

Ein mutmaßlicher Verfasser von rechtsextremen Drohschreiben mit dem Absender »NSU 2.0« ist in Berlin bei einer Wohnungsdurchsuchung festgenommen worden. Das teilten die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Hessische Landeskriminalamt in der Nacht zu Dienstag mit.

Der 53-jährige erwerbslose Mann deutscher Staatsangehörigkeit stehe im dringenden Verdacht, »seit August 2018 unter dem Synonym «NSU 2.0» bundesweit eine Serie von Drohschreiben mit volksverhetzenden, beleidigenden und drohenden Inhalten verschickt zu haben«.

EMPFÄNGER Empfänger waren überwiegend Personen des öffentlichen Lebens, vor allem aus der Medienwelt und der Politik, darunter auch Abgeordnete des Hessischen Landtags und des Bundestags. Heikel war der Fall auch deswegen, weil der oder die Täter sich offenbar Insiderwissen der Polizei zunutze machen konnten.

Der Verdächtige sei bereits in der Vergangenheit wegen zahlreicher - unter anderem auch rechtsmotivierter – Straftaten rechtskräftig verurteilt worden, hieß es in der Mitteilung weiter. Die bei der Durchsuchung am Montag sichergestellten Datenträger würden nun ausgewertet, zudem werde unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, der Bedrohung sowie der Beleidigung ermittelt.

Allerdings sei er zu keinem Zeitpunkt Bediensteter einer Polizeibehörde gewesen. Sehr aufwendige und zeitintensive gemeinsame Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft und des Hessischen Landeskriminalamtes hätten letztlich zur Identifizierung des Beschuldigten geführt.

TRITTBRETTFAHRER Mitte März hatte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) von insgesamt 133 verschickten Drohschreiben berichtet. Dabei würden die Ermittler 115 dieser Schreiben dem Tatkomplex »NSU 2.0« zurechnen. 18 Schreiben seien mutmaßlich von Trittbrettfahrern verfasst und versendet worden.

Empfänger seien überwiegend Personen des öffentlichen Lebens gewesen, vor allem aus der Politik und der Medienwelt. Die 115 Schreiben hätten sich an 32 Personen und 60 Institutionen in insgesamt neun Bundesländern und in Österreich gerichtet. Überwiegend geschah der Versand per E-Mail, aber auch per Fax, per SMS sowie über Internetkontaktformulare.

Im Juli 2020 war der hessische Landespolizeipräsident Udo Münch wegen der Affäre um die Drohmails zurückgetreten. Die Adressen der Opfer stammten aus Polizeicomputern. Zu ihnen zählte auch die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz. Anfang März hatte sie gesagt, sie habe mehr als ein Dutzend »NSU-2.0«-Drohschreiben erhalten. Auch in ihrem Fall waren ihre persönlichen Daten von einem Computer im 1. Polizeirevier in Frankfurt abgerufen worden.

Opfer waren auch die Kabarettistin Idil Baydar und die heutige Linkspartei-Chefin Janine Wissler. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, war unter den Empfängern von Drohmails mit dem Absender »NSU2.0«.

Als NSU hatten sich die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bezeichnet, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordeten. Es waren acht türkischstämmige und ein griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Ihre Mittäterin Beate Zschäpe wurde 2018 verurteilt. dpa/ja

Be'eri

Nach dem 7. Oktober

Daniel Neumann hat den Kibbuz Be’eri besucht und fragt sich, wie es nach all dem Hass und Horror weitergehen kann. Er weiß, wenn überhaupt, dann nur in Israel

von Daniel Neumann  31.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  31.12.2025

Deutschland

Bildungszentrum von Yad Vashem soll Leerstelle füllen

Das in Deutschland geplante Bildungszentrum der Gedenkstätte Yad Vashem soll ein größeres Bild in den Dialog der Erinnerungskultur bringen

 31.12.2025

Rohstoffe

Wandel durch Handel

Der Erdgasdeal zwischen Israel und Ägypten hat auch eine sicherheitspolitische Dimension

von Sabine Brandes  31.12.2025

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich heißt Neujahr Nowy God

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025