Parteien

»Nicht entspannt zurücklehnen«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: ddp images/dapd

Herr Schuster, nach den Landtagswahlen meinen Beobachter, der große Schock sei ausgeblieben. Wie bewerten Sie die Wahlergebnisse in Brandenburg und Sachsen?
Die Ergebnisse sind sicherlich ein wenig besser, als das, was man zeitweise befürchtet hatte. Trotzdem wäre es verheerend, sich jetzt, da die AfD weder in Potsdam noch in Dresden stärkste Fraktion geworden ist, entspannt zurückzulehnen und weiterzumachen wie bisher. Der Wahlkampf in den vergangenen Wochen hat deutlich gezeigt, dass es notwendig und erfolgreich ist, auf die Menschen zuzugehen und nicht Politik von oben zu machen.

Geht es also darum, die Wähler anders anzusprechen?
Durchaus. Ich glaube, das hat sich in zwei verschiedenen Ländern mit ihren unterschiedlichen Ministerpräsidenten gezeigt: Es geht darum, eine Politik zu machen, die die Sorgen und Nöte der Bürger ernst nimmt. Man muss den Menschen ganz realistisch die Umstände aufzeigen, in denen sie leben. Dann, so denke ich, wird sich die Situation positiv stabilisieren, und man kann einer Partei wie der AfD das Wasser abgraben.

Wie bewerten Sie die Tatsache, dass sich rund 75 Prozent der Wähler gegen die Rechtspopulisten entschieden haben?
Das kann uns nicht beruhigen, muss uns aber motivieren, diesen 75 Prozent den Rücken zu stärken und daraus wieder mehr als 90 oder am besten 100 Prozent zu machen. Gerade die Sorge vor dem Erfolg der AfD wird einige Wähler mobilisiert haben.

Jetzt sind schwierige Regierungsbildungen zu erwarten. Was würden Sie den demokratischen Parteien empfehlen?
Es muss weiterhin bei einer klaren Abgrenzung zur AfD bleiben. Und man darf jetzt auf keinen Fall ihrer Anbiederung folgen, die – wie inzwischen von Parteichef Gauland mehrfach zu hören war – das Wort »bürgerlich« für die Partei beansprucht. Sie ist nicht bürgerlich, sondern meiner Meinung nach rechtspopulistisch, in Teilen rechtsradikal. Wo die AfD steht, zeigt zum Beispiel der Spitzenkandidat in Brandenburg, dessen politischer Werdegang und persönliche Vergangenheit keinen Zweifel mehr aufkommen lassen, wes Geistes Kind er ist.

Die AfD Sachsen fordert laut Parteiprogramm, Beschneidung und rituelles Schlachten zu verbieten. Was bedeutet es, wenn 27,5 Prozent der Wähler mit ihrer Stimme diese Forderung unterstützen?
Die AfD will mit diesen Forderungen vor allem die Muslime treffen. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber das macht die Sache nicht besser. Und dass nun 27,5 Prozent mit ihrer Wahlentscheidung für die AfD in Kauf nehmen, dass nach dem Verbot von Beschneidung und Schechita jüdisches Leben in Sachsen nicht mehr möglich wäre, ist für diese Wähler ein Kollateralschaden, vor dem sie nicht zurückschrecken. Die AfD ist nach meiner Einschätzung eine religionsfeindliche Partei.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Großbritannien

Freigelassener Demokratie-Aktivist rief zum Mord an »Zionisten« auf

Der Brite Alaa Abdel Fattah galt als Held der ägyptischen Demokratiebewegung. Doch nach seiner Freilassung und Ankunft in London kamen judenfeindliche Tweets ans Licht. Jetzt wird seine Abschiebung gefordert

von Christoph Meyer, Johannes Sadek  29.12.2025

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025