Diplomatie

Netanjahu in Berlin eingetroffen

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu (Archiv) Foto: dpa

Begleitet von Protesten wird Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu in Berlin empfangen. Die beiden werden zunächst die Holocaust-Gedenkstätte am Bahnhof Grunewald besichtigen, von wo aus 1941 und 1942 etwa 10 000 Juden mit Zügen der Reichsbahn in Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslager der Nazis gebracht wurden.

Anschließend sind ein gemeinsames Mittagessen und eine Pressekonferenz im Kanzleramt geplant. Später wird Netanjahu dann noch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue treffen. 

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Mehr als 3000 Polizisten werden den Besuch absichern, der von mehreren Demonstrationen begleitet wird. Sie richten sich vor allem gegen die von Netanjahus rechts-religiöser Regierung geplante Justizreform, gegen die es auch in Israel seit Wochen regelmäßig Großdemonstrationen gibt. Dem israelischen Parlament soll es ermöglicht werden, Entscheidungen des höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen dadurch die Gewaltenteilung in Gefahr. Die größte Kundgebung ist mit 1000 Teilnehmern am Brandenburger Tor in Berlin angemeldet. Auch die linksradikale Szene mobilisiert gegen den Besuch.

Bundespräsident Steinmeier hatte die Justizreform vor wenigen Tagen ungewöhnlich deutlich kritisiert. Der von der Regierung geplante »Umbau des Rechtsstaates« in Israel bereite Sorge - »gerade weil wir Deutsche immer mit großer Bewunderung auf den starken und lebendigen Rechtsstaat in Israel geschaut haben«, sagte er vergangenen Freitag bei einem Empfang in Berlin. Steinmeier betonte, dass er in regelmäßigem Austausch mit seinem Amtskollegen Izchak Herzog sei und auf dessen »ausgleichende Stimme« in der israelischen Debatte setze.

Herzog: »Ich habe echten Hass gehört«

Kurz vor der Abreise Netanjahus schlug Herzog am Mittwochabend einen Kompromiss in dem erbitterten Streit vor, der Parlament und Regierung stärken sowie eine unabhängige Justiz gewährleisten solle. Während die Opposition Gesprächsbereitschaft signalisierte, wies Netanjahu den Vorstoß zurück. Er zementiere nur den gegenwärtigen Zustand und bringe keinen Ausgleich, sagte er nach Medienberichten. 

Herzog sagte, er habe in den vergangenen Wochen mit Tausenden von Menschen auf beiden Seiten gesprochen. »Ich habe echten Hass gehört«, warnte er. »Wer glaubt, dass ein echter Bruderkrieg eine Grenze ist, an die wir nicht gelangen werden, hat keine Ahnung. Wir stehen am Abgrund.«

Künstler und Akademiker forderten Absage des Besuchs 

Mit Spannung wird erwartet, wie Scholz bei dem Besuch mit der Reform umgehen wird. Rund 1000 israelische Künstler, Schriftsteller und Akademiker hatten in einem Schreiben an den deutschen Botschafter eine Absage gefordert. Die israelische Zeitung »Haaretz« berichtete, zur Begründung hätten sie geschrieben, Israel befinde sich in der schwersten Krise seiner Geschichte und »auf dem Weg von einer lebendigen Demokratie zu einer theokratischen Diktatur«.

Netanjahu brach am Mittwochabend mit mehreren Stunden Verspätung nach Berlin auf und wird auch früher als geplant bereits am Donnerstagabend wieder abreisen. Nach israelischen Medienberichten soll eine Bombenexplosion am Montag im Norden Israels der Grund dafür sein. Über die Hintergründe war eine Nachrichtensperre verhängt worden. 

Netanjahu will für Allianz gegen den Iran werben

Für Netanjahu steht bei der Reise das Werben für eine Allianz gegen den Iran im Mittelpunkt. Aus seinem Büro hieß es vor der Abreise, der Ministerpräsident wolle in Berlin betonen, »dass der Iran daran gehindert werden muss, Atomwaffen zu erhalten«. 

Seit seinem Amtsantritt im November hat Netanjahu das Nachbarland Jordanien sowie Frankreich und Italien besucht. Aus den USA - dem traditionell engsten Verbündeten Israels - hat Netanjahu noch immer keine Einladung erhalten. Das wird als Zeichen gewertet, dass die US-Regierung nicht glücklich mit der Politik der neuen Regierung ist. dpa

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025