Meinung

Nazis muss man Nazis nennen

Die aktuelle Ausgabe der »Welt am Sonntag« mit der Schlagzeile von »110 untergetauchten Rechtsextremen« hat sich gut verkauft. Angst ist eine heiße Ware. Das weiß man auch in Zwickau, jener Stadt, in der die Terroristen des NSU gelebt hatten, in der kürzlich eine gewaltbereite Neonazikameradschaft verboten wurde und in der die Polizei landesweit die meisten rechtsextremen Straftaten zählt. Ähnliches gilt für Dortmund, eine Hochburg für Rechtsextremisten, in der in den vergangenen Jahren fünf Menschen von Neonazis getötet wurden.

In ganz Deutschland werden Migranten, Andersdenkende, Wohnungslose und Juden täglich zu Opfern. Der Staat konnte – oder wollte – seine Bürger nicht vor rechtsextremer Gewalt schützen. Deshalb ist es überfällig, wenn die Sicherheitsbehörden jetzt endlich Anstrengungen unternehmen, Schutz für Menschen zu gewährleisten, die in den Augen von Rechtsextremen weniger wert sind als andere.

Schlagzeile Das ist der Grund, warum das Bundesinnenministerium mittlerweile regelmäßig bei den Ländern nachfragt, welche Haftbefehle gegen bekannte Rechtsextremisten noch ausstehen. Aus der jüngsten Antwort auf diese Regelanfrage wurde die Schlagzeile von den »110 untergetauchten Rechtsextremen«. Weil nur 18 von ihnen wegen politisch motivierter Straftaten gesucht werden und nur drei wegen Gewaltdelikten, wurde das korrigiert.

Die Korrektur stellt keine Relativierung rechtsextremer Verbrechen dar. Sie ist vielmehr ein Schritt hin zu einem Klima der Aufklärung rechtsextremer Straftaten, das man bisher in Deutschland schmerzlich vermisste. Bislang gab es, schaut man sich die Strukturen der Behörden an, kein besonderes Bundesinteresse daran, rechtsextreme Straftaten zu erkennen und zu benennen. Auch deshalb blieben viele Taten unaufgeklärt. So wusste die Bundesregierung bis zum Auffliegen der Zwickauer Terrorzelle überhaupt nicht, wie viele mit Haftbefehl gesuchte Rechtsextremisten es in Deutschland gab.

Bei Gewalttaten wie dem Mord an Rabbiner Abraham Grünbaum 2001 in Zürich oder dem Anschlag auf das Grab von Heinz Galinski 1998 in Berlin hätte die Suche nach untergetauchten Neonazis in Deutschland möglicherweise zu einem Ermittlungserfolg geführt. Auch die drei Terroristen der »Zwickauer Zelle« waren bereits 1998 abgetaucht, ohne dass Polizisten in Zürich oder Berlin gewusst hätten, dass man nach ihnen zu fragen und zu suchen hat. Endlich – und für viele Opfer zu spät – ist der Staat dabei, ein realistisches Bild der gewalttätigen Neonazis zu erstellen.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin.

Wien

Juden protestieren gegen FPÖ-Veranstaltung für Antisemiten im Parlament

Als »radikalen Antisemiten« hatte sich der Österreicher Franz Dinghofer einst selbst bezeichnet - auch der NSDAP trat er bei. Die rechtsextreme FPÖ gedenkt des Politikers nun - und wird dafür hart kritisiert

 11.11.2025

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025

Meinung

Wahlen in Ostdeutschland: Es gibt keine Zeit zu verlieren

In Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen-Anhalt wird im September gewählt. Es steht viel auf dem Spiel: Eine AfD-Regierung könnte großen Schaden anrichten. Leidtragende wären nicht zuletzt die jüdischen Gemeinden

von Joshua Schultheis  10.11.2025

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  10.11.2025 Aktualisiert

Würzburg

Zentralrat der Juden fordert mehr Zivilcourage gegen Hass

Beim Gedenken an die Novemberpogrome in Würzburg hat Juden Schuster die grassierende Gleichgültigkeit gegen Judenhass kritisiert

 10.11.2025