Thüringen

»Mit Hass auf Israel großgezogen«

Bodo Ramelow (M.) mit dem Chef der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen Reinhard Schramm und Suleman Malik von der Ahmadiyya-Gemeinschaft in der Gedenkstätte Buchenwald (Januar 2018) Foto: dpa

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) macht für das Erstarken des Antisemitismus in Deutschland nicht allein Flüchtlinge aus muslimisch geprägten Ländern verantwortlich. Judenhass sei in Deutschland »immer präsent« gewesen und mittlerweile »in der gesellschaftlichen Mitte angekommen« und »wieder alltagstauglich«, sagte Ramelow am Mittwoch im Vorfeld seiner Reise zur KZ-Gedenkstätte Auschwitz.

Junge Flüchtlinge seien zwar oft »mit Hass auf Israel großgezogen« worden, sie hätten jedoch nur »ein weiteres Kapitel« aufgeschlagen. Antisemitismus dürfe nicht ausschließlich muslimischen Flüchtlingen zugeschoben werden, aber auch als Problem nicht aus dem Blick verloren werden.

Tel Aviv Am Donnerstag trifft sich der Thüringer Regierungschef in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz mit jungen Juden und Muslimen aus Deutschland. Zu der Gedenkfeier werden auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sowie Vertreter der Union progressiver Juden in Deutschland und des Zentralrats der Muslime teilnehmen.

Es sei wichtig, dass sich muslimische und jüdische Jugendliche träfen, offensiv diskutierten und sich mit der dunklen deutschen Geschichte befassten, betonte Ramelow. Sicher seien auch Aufenthalte in Tel Aviv und Haifa eine gute Sache, »aber bitte alles Schritt für Schritt. Ich sehe da überhaupt keinen Widerspruch, sondern viele weitere sinnvolle Austauschmöglichkeiten«, betonte der Ministerpräsident.

Ramelow sprach sich zudem gegen verpflichtende Besuche in Gedenkstätten im Rahmen des Schulunterrichts aus. Diese hätten bei jungen Deutschen zu Selfies mit erhobenem rechten Arm geführt, was genauso schwer zu ertragen sei wie etwa der Fangesang »Juden Jena« im Erfurter Fußballstadion. »Der Weg hin zu Respekt und Toleranz kann nur der Weg der persönlichen Erkenntnis sein, Verpflichtungen als Zwang sind da nicht hilfreich«, so der Politiker der Linken.

afd Zudem sei der Besuch einer Gedenkstätte nur ein Element auf dem Weg zu der Erkenntnis, wohin Intoleranz, Größenwahn und Menschenverachtung führten, betonte Ramelow: »Das Tragen religiöser Zeichen – wie Kippa, Kopftuch oder Kreuz – zu respektieren, ist ein Schritt dahin, gesellschaftliche Vielfalt als Bereicherung zu empfinden und Toleranz auch zu leben.«

Wer aber den Nationalsozialismus und seine Verbrechen als »Vogelschiss der deutschen Geschichte« relativiere und eine 180-Grad-Wende in der Erinnerungskultur verlange, müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, verantwortungslos zu handeln und die Gegenrichtung einzuschlagen.

»So wird nicht Respekt, Menschenwürde und Toleranz gefördert, so wird weiter Hass gesät«, sagte der Ministerpräsident mit Blick auf die AfD im Allgemeinen und AfD-Politker Alexander Gauland im Besonderen.

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 17.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025

Berlin

Bundesregierung hebt Stopp der Rüstungsexporte nach Israel wieder auf

Die Waffenruhe in Gaza hält seit mehr als fünf Wochen. Die Bundesregierung nimmt das zum Anlass, ihre massiv kritisierte Entscheidung aus dem Sommer rückgängig zu machen

von Michael Fischer  17.11.2025

USA

Kehrtwende? Trump empfiehlt Abstimmung über Epstein-Akten

Der Fall des Sexualstraftäters lässt den US-Präsidenten nicht los. Vor einer Abstimmung im Repräsentantenhaus gibt er einen überraschenden Rat an seine Partei

von Anna Ringle  17.11.2025

Extremismus

Beobachtungsstelle: Tausende christenfeindliche Straftaten in Europa

Europa gilt immer noch als christlicher Kontinent. Doch Experten warnen: Christen sind von einem Klima wachsender Intoleranz bedroht. Auch in Deutschland muss die Lage Besorgnis erregen

 17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Deutschland

Auktion von Besitztümern von NS-Opfern abgesagt

Im Online-Katalog waren unter anderem Dokumente und Post von NS-Verfolgten aus Konzentrationslagern sowie Täterpost zu finden

 16.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025