Wahl

Markige Sprüche

AfD-Kundgebung in Hamburg am vergangenen Samstag Foto: Getty

Im Bundestag sitzen Jasager, Abnicker und vor allem Diätenkassierer.» Die harsche Kritik vom Bundesvorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, beim Wahlkampfauftakt erntete starken Applaus. Etwa 1000 Menschen nahmen am Samstag an der Kundgebung auf dem Gänsemarkt in der Hamburger Innenstadt teil. Meist gut gekleidet, meist über 40 Jahre alt. Vom Hauptbahnhof aus war die AfD zum Gänsemarkt gezogen. Hinter der «Euro-Wehr», einem Feuerwehrauto mit Parolen wie «Wir sind die Guten» und «Wir schützen die Bürger und nicht die Banken» gingen anfänglich nicht so viele Anhänger mit.

neue rechte Lautstarken Zuspruch bekam der Hamburger Bundestagskandidat Kay Gottschalk aber schon auf einer Zwischenkundgebung. «Die AfD gibt den Menschen die Stimme zurück», versprach er. Ende Juli hatte Gottschalk die AfD beim «Konservativ-Freiheitlichen Kreis Hamburg» (KFK) vorgestellt. Nach eigenem Bekunden gehören dem Kreis Leute der extrem rechten «Identitären Bewegung», des radikal-antiislamistischen Onlineportals «PI-News» und der rechtskonservativen «Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft» an. Der Antrittsbesuch hatte Erfolg: Trotz Differenzen setzt der KFK bei der Wahl auf die AfD.

Auf einem AfD-Transparent zur Hamburger Demonstration war «Einwanderung braucht strikte Regeln» zu lesen. Applaus erhielt auch die Berliner Bundestagskandidatin Beatrix von Storch, als sie warnte, es sei die «deutsche Krankenschwester», die die Schulden der Spanier und Griechen bezahlen müsse.

Am Rande der Hamburger Demonstration verteilten Junge Piraten und Grüne Jugend Flugblätter gegen die AfD, da diese Ressentiments schüre. «Wir sind nicht rechts oder links, wir gehen geradeaus», sagte Storch zu der Kritik. Auf dem Gründungsparteitag hatte Lucke verkündet, die AfD sei «eine Partei neuen Typs. Sie ist weder links noch rechts.»

burschenschaft Diese Aussage wird aber nicht nur in Hamburg angezweifelt. In Göttingen halten Grüne Jugend und Antifa-Initiativen der örtlichen AfD vor, drei rechtslastige Personen in ihren Reihen zu dulden: Lars Steinke von der Burschenschaft Hannovera, Jörg Schoppe, der in den letzten Jahren für die rechte Partei «Die Freiheit» auftrat, und Lennard Rudolph, von dem im Internet Bilder kursieren, auf denen er den Hitlergruß zeigt. Anfang August kam es an einem Infostand, an dem die drei Männer die Partei vertraten, zu Rangeleien mit Göttinger Antifas.

Von Rechtsextremen möchte die Pressesprecherin der AfD, Dagmar Metzger, nicht sprechen. Der niedersächsische Landesvorsitzende, Ulrich Abramowski, habe ihr zur Situation in Göttingen gesagt: «Zwei der jungen Männer seien nur sehr deutschtümelnd.» Metzger räumt allerdings ein, dass in Thüringen weiterhin Paul Latussek Mitglied ist. Dieser hatte den Holocaust verharmlost und wurde wegen Volksverhetzung verurteilt. Die Rechtslage habe «einen Ausschluss nicht zugelassen», sagt Metzger zum Fall Latussek und betont dabei, dass sie dies bedaure.

Aber nicht nur wegen einzelner Personen steht die AfD in der Kritik. Auch wegen ihrer Positionen und der Rhetorik, mit der sie auftreten: In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern wirbt die AfD beispielsweise mit Slogans wie «Einwanderung ja. Aber nicht in unsere Sozialsysteme!» oder «Wir sind nicht das Weltsozialamt».

protest Während der AfD-Vorsitzende Lucke seiner Partei einen Platz in der Mitte bescheinigt, hat Simon Oehlers, Sprecher der Grünen Jugend Niedersachsen, andere AfD-Wortmeldungen erlebt: Auf ihre Kritik hätte die niedersächsische AfD sie per Erklärung mit «Sturmabteilungen der späten 20er-Jahre» gleichgesetzt und als «Linksfaschisten» beschimpft, die nur schwarz statt braun trügen. Oehlers: «Die Gleichsetzung des Protests mit den Verbrechen des Nationalsozialismus ist entlarvend.» Und Marie Kollenrott, Kreisvorstandssprecherin der Grünen in Göttingen, beklagt, viele in der Partei wollten «legitimen Protest in die Nähe von Gewalt rücken».

Kollenrotts Name findet sich auf einer der AfD nahestehenden Webseite über Personen, die angeblich Gewalt gegen die AfD unterstützen. «Wir haben uns entschlossen, Anzeige zu erstatten», sagt sie.

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025