Antisemitischer Angriff

Lahav Shapira: Haftstrafe für Mustafa A. ist eine »Genugtuung«

Lahav Shapira Foto: picture alliance / SZ Photo

Der vor mehr als einem Jahr bei einem Angriff schwer verletzte jüdische Student Lahav Shapira hat der Freien Universität (FU) Berlin vorgeworfen, weiter nicht ausreichend gegen Antisemitismus an der Hochschule vorzugehen. »Die Uni-Leitung unternimmt fast gar nichts, deshalb klagen wir sie an. Ihre Aussage ist, dass man nicht überall Sicherheitsleute hinstellen kann«, sagte Shapira der »tageszeitung«.  

Er verstehe nicht, warum dies »das Einzige ist, was ihnen einfällt, um jüdische Studierende zu schützen«. Besser geworden sei, »dass Plakate und Schmierereien inzwischen schneller entfernt werden«, so der 32-jährige Lehramtsstudent im Interview. Ansonsten müsse die Hochschule weiter darauf hingewiesen werden, wenn es Hetze gebe oder entsprechende Veranstaltungen geplant seien.

Mustafa A. mit seinem Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli im Saal des Amtsgerichts TiergartenFoto: picture alliance/dpa

Während seines Studiums hatte Shapira als Administrator eine Chatgruppe mit mehr als 400 angehenden Lehrern geleitet und dort antisemitische Beiträge gelöscht. Zudem entfernte Shapira an der Hochschule antisemitische Aufrufe von Gruppen wie »Young Struggle«, die im Verfassungsschutzbericht erwähnt werden.

»Verteidiger bot mir 5000 Euro an«

Das Wichtigste sei für ihn, dass das Gericht anerkannt habe, dass der Täter Mustafa A. aus antisemitischer Motivation heraus gehandelt habe und es nicht zu einer Täter-Opfer-Umkehr gekommen sei. Über das Strafmaß von drei Jahren und acht Monaten Haft, das deutlich über die Forderung der Anklage hinausging, zeigte Shapira sich nicht überrascht, sondern eher über »die geringeren Anforderungen der Staatsanwaltschaft«. Die verhängte Strafe bezeichnete er als»eine Genugtuung«.

Lesen Sie auch

Den Angeklagten und vor allem die Strategie seines Verteidigers kritisierte Shapira hingegen scharf. »Er wollte Druck aufbauen, auch medial. Ich fand seine Art arrogant und aggressiv. Aber im Endeffekt hat seine Verteidigungsstrategie uns sogar geholfen.«

Der Rechtsanwalt habe ihm zu Prozessbeginn sogar einen Umschlag mit 5500 Euro angeboten, um das Verfahren mit einem Vergleich abzuwenden. Shapira: »Zunächst wurde mir 5000 Euro angeboten, dann haben sie die Summe um 500 Euro erhöht. Vielleicht dachte er, dass man Juden halt so überzeugt – mit einem Umschlag voller Geld. Das war nichts anderes als eine Taktik: Wenn der Täter dem Opfer eine Entschädigung anbietet, kann das strafmildernd wirken.« epd/mth

Berlin

Steinmeier erinnert an Stiftungsgründung für NS-Zwangsarbeiter

Im Jahr 2000 gründeten die deutsche Wirtschaft und der Bund nach langem Vorlauf die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Millionen NS-Opfer erhielten zumindest einen symbolischen Betrag

 02.12.2025

Rechtsextremismus

Fragezeichen nach skurriler Rede bei AfD-Jugendkongress 

Wer steckt hinter dem mysteriösen Auftritt des Mannes, der mit einer Rede im Hitler-Stil den Gründungskongress der AfD-Jugend aufmischte? Ihm droht der Parteiausschluss

von Jörg Ratzsch  01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Das Ausmalbuch "From the river to the sea" in einer Buchhandlung in Zürich.

München

Hugendubel streicht antisemitisches Kinderbuch aus Sortiment

»Sofort nach Kenntnisnahme über dessen Existenz« sei das Malbuch entfernt worden, heißt es aus dem Unternehmen

 01.12.2025

Berlin

Karoline Preisler bei Marsch gegen Antisemitismus

»Es ist ganz besonderer Marsch, weil Männer Frauen und Kinder, Menschen aus ganz Deutschland und darüber hinaus zusammengekommen sind«, sagt die Juristin und Politikerin

 01.12.2025

Potsdam

Anne Frank mit Kufiya: Jüdische Gemeinde fordert Ausstellungs-Stopp

Eine Ausstellung im Museum Fluxus+ will Ähnlichkeiten zwischen Palästinensern und Israelis aufzeigen. Doch die Darstellung zieht Kritik aus der Jüdischen Gemeinde und von Brandenburgs Antisemitismusbeauftragten auf sich

 01.12.2025

Interview

»Nach dem Waffenembargo gibt es einiges zu kitten«

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter über den Antrittsbesuch des Bundeskanzlers in Israel, Siedlergewalt im Westjordanland und die Kooperation mit dem Mossad

von Joshua Schultheis  01.12.2025

Hamburg

So reagiert die Politik auf den Rücktritt Stefan Hensels

Wegen der vorzeitigen Amtsaufgabe des Antisemitismusbeauftragten macht die CDU dem rot-grünen Senat schwere Vorwürfe. Der Erste Bürgermeister lobt dagegen die konstruktive Zusammenarbeit mit dem Beauftragten

von Joshua Schultheis  01.12.2025