Facebook

Kritik an Gabriels Apartheid-Vergleich

Der umstrittene Facebook-Eintrag des SPD-Chefs Sigmar Gabriel Foto: Facebook

»Ich war gerade in Hebron. Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum. Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.« Dieser am Mittwoch von SPD-Chef Sigmar Gabriel ins Netz gestellte Dreizeiler hat heftige Reaktionen ausgelöst. Noch am gleichen Tag versuchte Gabriel, mit zwei weiteren Eintragungen seine Aussage zur »Apartheid« zu erläutern: »Mir ist klar, dass dies eine sehr drastische Formulierung ist. Aber genau so erleben die Palästinenser in Hebron ihre Situation.«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, bezeichnete die Äußerungen des SPD-Chefs als »vollkommen verunglückt«. Es sei ein moralisches Ungleichgewicht, einerseits Verhandlungen mit der radikal-islamischen Hamas zu fordern, die die Juden ausdrücklich weltweit vernichten wolle, und gleichzeitig Israel als »Apartheid-Regime« zu verunglimpfen.

Auch Gabriels Klarstellung auf Facebook sei keine Korrektur, sondern eine »Verschlimmbesserung«. Graumann weiter: »Wir empfinden Empathie mit dem Leid von allen Menschen in der Region. Herr Gabriel ist ein Mann mit großem Engagement, mit einem großen Herzen und großen Gefühlen. Gerade dafür schätze ich ihn sehr. Wenn er nach Hause kommt, sollte er aber mit kühlem Kopf seine unhaltbaren Äußerungen doch wieder klar zurechtrücken«.

Weltkongress Als »diplomatische Granate« gegen Israel hat der Jüdische Weltkongress (WJC) den Vergleich des SPD-Vorsitzenden kritisiert. WJC-Vizepräsident Maram Stern schrieb in einem Beitrag für die Online-Ausgabe des FOCUS, Gabriel habe mit seiner Apartheid-Analogie »erheblichen Flurschaden« angerichtet und sich nicht wie ein Staatsmann und Freund Israels verhalten. So habe Gabriel deutlich gemacht, »wie schlecht er außenpolitisch beraten ist,« erklärte Stern.

Das American Jewish Committee »bedauerte« Gabriels Äußerung. »Der Vergleich Israels mit einem Apartheid-Regime ist eine unhaltbare historische Verzerrung. Israel wird durch solcherlei Gleichsetzungen delegitimiert«, so Deidre Berger, Direktorin des AJC Berlin. »Wer angesichts der jüngsten massiven Raketenangriffe aus dem Gaza-Streifen auf Israel die Palästinenser aus der Verantwortung für Terrorismus, Repression und Menschenrechtsverletzungen nimmt, bringt den Friedensprozess nicht voran.«

Politik Umgehende Kritik kam auch von der CDU. Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Gabriel hat eine Stimmung bedient, die gefährlich ist. Es ist historisch und politisch falsch.« Die SPD solle nun ihre Außenpolitik gegenüber Israel ernsthaft überdenken, betonte Mißfelder. »Der Schaden ist riesig groß.«

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte von Gabriel, sich »für seinen verbalen Totalausfall schnellstmöglich zu entschuldigen«.

Sigmar Gabriel hielt sich von Sonntag bis Freitag im Nahen Osten auf. Auch nach seiner Rückkehr ging die Diskussion um seine Äußerung weiter. Bis Freitag waren bereits rund 1.000 Kommentare auf der Facebook-Seite eingegangen. ja

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025