Langenau

Kommune stoppt antisemitische Kundgebungen vor Kirche

Ortspfarrer Ralf Sedlak hatte im Oktober 2023 in einem Gottesdienst nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel Solidarität mit den israelischen Opfern zum Ausdruck gebracht.

Langenau

Kommune stoppt antisemitische Kundgebungen vor Kirche

Eine Kirchengemeinde wird seit eineinhalb Jahren von »propalästinensischen« Störern angefeindet– Gewalt inklusive. Nun reagiert die Stadt nach heftiger Kritik

von Ayala Goldmann, Norbert Demuth  11.07.2025 13:49 Uhr Aktualisiert

Die Stadt Langenau in der Nähe von Ulm hat am Freitag nach dem körperlichen Angriff »propalästinensischer« Aktivisten auf Gottesdienstbesucher am vergangenen Sonntag Kundgebungen »im Umfeld von Gottesdiensten« vor der evangelischen Martinskirche vorerst untersagt.

Mit einer Allgemeinverfügung wolle die Kommune in Baden-Württemberg verhindern, dass israelfeindliche Proteste weiter eskalieren, hatte Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning (CDU) bereits am Mittwochabend im Südwestrundfunk (SWR) angekündigt. Am Freitag teilte die Kommune mit, die Stadt Langenau habe mit sofortiger Wirkung die Allgemeinverfügung erlassen, um die Gottesdienste in der Martinskirche vor Störungen zu schützen.

Pöbeleien, Störaktionen, Gewalt

Bereits seit mehr als einem Jahr hatte Ortspfarrer Ralf Sedlak an die Stadt appelliert, ihn und seine Gemeinde schützen. Der Pfarrer war auch in seinem Wohnumfeld behelligt worden. Störer hatten unter anderem Aufkleber mit der Inschrift »Zionist, Faschist« am Gemeindehaus und am Pfarrhaus angebracht. Zudem wurden Gottesdienstbesucher angepöbelt und Plakate mit »Genozid«-Vorwürfen gegenüber dem Hauptausgang der Kirche platziert.

Am vergangenen Sonntag war es vor der Martinskirche zu einem körperlichen Angriff israelfeindlicher Demonstranten auf Gottesdienstbesucher gekommen. Nach Angaben des SWR laufen gegen den 75 Jahre alten Hauptorganisator der Proteste mehrere Verfahren, vorwiegend wegen Beleidigung.

Pfarrer Ralf Sedlak hatte am 15. Oktober 2023 in einem Gottesdienst nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 auf Israel Solidarität mit den israelischen Opfern zum Ausdruck gebracht. Bereits diese Predigt war lautstark gestört worden.

Die Stadt rechtfertigte das späte Eingreifen in ihrer Mitteilung von Freitag: » Als Verwaltungsbehörde sind wir an die
Rechtsstaatlichkeit und an das Gebot der Verhältnismäßigkeit gebunden. Zudem ist die Versammlungs- und Meinungsfreiheit grundgesetzlich geschützt. Deshalb konnten wir bislang nicht zum Mittel der Allgemeinverfügung greifen. Nach der Eskalation vom Sonntag
hat sich das geändert«, so Bürgermeisterin Henning. Der Gemeinderat, die Verwaltung und die Bürgermeisterin verurteilten Gewalt und Antisemitismus »aufs Schärfste«.

Es gehe darum, »dass Kundgebungen mit Plakaten und Ähnlichem verboten werden«, hatte Henning im Vorfeld gesagt. In der Vergangenheit habe es bei solchen Kundgebungen Beleidigungen, üble Nachrede sowie jüngst auch Angriffe und damit körperliche Auseinandersetzungen gegeben. Es gelte nun, »dem entgegenzuwirken und nicht mehr diesen Raum zu bieten, dass anlässlich dieser Kundgebungen Menschen zu Schaden kommen«, so die Bürgermeisterin.

Lesen Sie auch

Landesbischof: Stadt hat zu lange gewartet

Mit der Allgemeinverfügung zur Untersagung der antisemitisch motivierten Kundgebungen vor der Kirche entspricht die Stadt einer Forderung des württembergischen Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl. Dieser hatte am Mittwoch in einer Pressekonferenz gesagt, jetzt sei »ein Punkt erreicht, wo man endlich diese untragbaren Zustände beenden muss«.

Bisher habe die Stadt »sehr lange zugewartet«. Eine Hand voll Aktivisten wolle jedoch »den Pfarrer und die Gemeinde zermürben«, warnte der Landesbischof und verwies auf das Grundrecht der freien Religionsausübung.

Die Stadt Langenau teilte am Freitag weiter mit, zwischenzeitlich hätten »Gespräche mit Veranstaltern« sowie ein von der Stadt angeordneter Standortwechsel der Proteste auf die gegenüberliegende Straßenseite für »Entspannung« gesorgt. Auch mehrere Aufenthaltsverbote seien durch die Stadtverwaltung ausgesprochen worden. Ein nachhaltiger Effekt sei jedoch ausgeblieben. Die Stadt habe die Entwicklung genau beobachtet, um zu prüfen, ob verschärfte Maßnahmen rechtlich möglich und sinnvoll seien.

Bereits im Januar 2025 will die Stadt Langenau nach eigener Darstellung gemeinsam mit dem Landesbeauftragten gegen Antisemitismus, der Polizei und Vertretern der Kirchen ein klares Zeichen gesetzt haben: »Hetze, Anfeindungen und volksverhetzende Parolen haben in Langenau keinen Platz.« Diese Haltung bleibe Maßstab für das weitere Handeln der Stadt. Eine entsprechende Resolution habe der Gemeinderat schon vor längerer Zeit beschlossen, so die Kommune.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025

Australien

Polizei in Sydney stoppt Verdächtige – Pläne vereitelt?

Nur wenige Tage nach den tödlichen Schüssen an Sydneys weltberühmten Bondi Beach gibt es einen Einsatz von Anti-Terror-Einheiten. Die Verdächtigen sollen auf dem Weg zum Strand gewesen sein

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Thüringen

Klage der rechtsextremen AfD gegen Verfassungsschutzchef teils erfolgreich

In einem Punkt wurde den Klägern recht gegeben, in zwei anderen nicht. Es geht um Äußerungen von Stephan Kramer in einem Medienbericht

 18.12.2025

Verbundenheit

Chanukka und Advent: Licht gegen den Hass

Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland versichert die Ratsvorsitzende Bischöfin Kirsten Fehr der jüdischen Gemeinschaft ihren Beistand und ihre Solidarität

von Bischöfin Kirsten Fehrs  18.12.2025

Landgericht Berlin

Gericht: »From the River to the Sea« ist Aufruf zur Judenvernichtung

Die 2. Große Strafkammer des LG Berlin I hat einen Mann wegen der Verwendung der Parole zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun muss wohl der Bundesgerichtshof ein abschließendes Urteil fällen

 18.12.2025