Berlin

Klein: Antisemitismus an Schulen und im Internet bekämpfen

Ist seit 2018 Bundesbeauftragter für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus: Felix Klein Foto: IMAGO/IPON

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat einen dramatischen Anstieg antisemitischer Straftaten in Deutschland beklagt. Judenhass sei nicht »das Problem der Juden, sondern der gesamten Gesellschaft«, sagte er am Montagabend in Berlin. Bei einer Podiumsdiskussion an der Freien Universität Berlin zur Frage »Was tun gegen Antisemitismus?« beklagte er, es gebe ein Schweigen, das gebrochen werden müsse, um die Demokratie zu verteidigen.

Der Publizist Michel Friedman sagte bei der Diskussion, in Deutschland gebe es eine »Verdrängungsstrategie«. Nach dem Terroranschlag der islamistischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 sei in Berlin »Tod den Juden« geschrien worden und nicht »Tod den Israelis«. Friedman und Klein kritisierten mangelnde Anteilnahme in Deutschland mit dem Leid der Opfer des Terroranschlags. Der Antisemitismusbeauftragte beklagte, anstatt mit Solidarität sei darauf mit Gleichgültigkeit reagiert worden. Der Satz »Antisemitismus hat keinen Platz in Deutschland« sei eine reine Floskel.

Vor diesem Hintergrund forderte Klein verpflichtenden Unterricht an Schulen über den Umgang mit Judenhass und Rassismus. Dazu gehöre auch, dass Lehrkräfte über die Geschichte der Staatenbildung Israels informiert werden. Nötig seien überdies wirksame Regeln gegen Hass und Hetze im Internet. Die Betreiber von Plattformen müssten dazu verpflichtet werden, nicht nur Inhalte zu löschen, sondern auch die IP-Adressen der Urheber an die Behörden weiterzugeben.

Als Beispiele für eine mangelnde Bekämpfung des Antisemitismus nannte Friedman unter anderem den Umgang der Bundesregierung mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dieser hetze »jeden Tag gegen Juden und den Staat Israel«. Die Reaktion der Bundesregierung sei Appeasement, also Beschwichtigung.

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Forschungsprojekts »Christliche Signaturen des zeitgenössischen Antisemitismus« statt.

Klein ist seit 2018 Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Friedman stammt aus einer polnisch-jüdischen Familie, die während des Holocausts durch den Unternehmer Oskar Schindler gerettet wurde. In Paris geboren, wuchs Friedman in Frankfurt am Main auf, nachdem seine Familie 1965 dorthin zog. epd

Musik

Nach Antisemitismus-Eklat: Bundeskanzler Merz äußert sich zur Ausladung von Lahav Shani

Die Hintergründe

 14.09.2025

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025