Extremismus

»Kein Freibrief für Gewaltexzesse«

Leidenschaftliche Rede zu Beginn der ersten Bundestagsdebatte nach der parlamentarischen Sommerpause: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (M.) Foto: dpa

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat Gewalt und das offene Zurschaustellen rechtsextremer Gesinnungen auf Demonstrationen in den vergangenen Wochen scharf verurteilt.

»Ausländerfeindlichkeit, Hitlergrüße, Nazi-Symbole, Angriffe auf jüdische Einrichtungen – für all das darf es weder Nachsicht noch verständnisvolle Verharmlosung geben«, sagte Schäuble in einer leidenschaftlichen Rede am Dienstag zur Eröffnung der ersten Sitzung des Bundestags nach der Sommerpause. Das Demonstrationsrecht sei »kein Freibrief für Gewaltexzesse«. Das Gewaltmonopol des Staates und die Durchsetzung des Rechts seien »nicht relativierbar«.

ZWEIFEL Schäuble verurteilte Gewalt und Aufforderungen dazu und appellierte an friedlichen Protest: »Die Gewaltfreiheit steht über allen Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten.« Der Parlamentspräsident äußerte sich besorgt über die Situation im Land. »Die letzten Wochen haben uns vor Augen geführt, dass im Teil unserer Bevölkerung Verunsicherung wächst und dass sich die Gesellschaft spaltet«, sagte er.

Dies fordere alle gewählten Repräsentanten. Viele Bürger fänden sich, ihre Empfindungen und Wahrnehmungen in politischen und medial vermittelten Debatten nicht wieder. Dies sei aber Voraussetzung dafür, Veränderungen zu gestalten.

Schäuble forderte, einen Ausgleich zwischen den sich gegenüber stehenden Bevölkerungsteilen zu finden. »Menschen, die sich vor zu vielen, zu schnellen Veränderungen in ihrer Lebens- und Erfahrungswelt fürchten, auch vor zu viel Zuwanderung in kurzer Zeit, solche Menschen müssen genauso ernst genommen werden, wie jene, die in einer enger zusammenwachsenden Welt für Offenheit und für globale Solidarität eintreten«, sagte er.

flüchtlinge Missstände müssten dabei benannt und behoben werden, »aber permanente und maßlose Skandalisierung schadet«, warnte er. Mit Verweis auf den Fall um die Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, der schwere Fehler vorgeworfen werden, bislang aber nur wenige Fälle dies belegen, sagte Schäuble: »Nicht jedes Fehlverhalten in Behörden ist schon ein Beweis für angebliches Staatsversagen.«

Hintergrund von Schäubles Mahnung im Bundestag ist unter anderem der Angriff auf das koschere Restaurant »Schalom« in Chemnitz am Abend des 27. August. Der jüdische Wirt Uwe Dziuballa war von zehn bis zwölf mutmaßlich rechtsextremen Personen mit Steinen und Flaschen attackiert worden.

Dziuballa selbst war dabei von einem Stein an der Schulter getroffen worden. Die Ermittlungen zu der Attacke laufen. Der Vorfall hatte am Wochenende bundesweit entsetzte Reaktionen ausgelöst. Zudem war kritisiert worden, dass die antisemitische Attacke erst nach mehreren Tagen bekannt geworden war.

chemnitz Schäuble bezog sich mit seiner Rede zudem auf die rechtsradikalen Ausschreitungen im August dieses Jahres in Chemnitz sowie auf die versuchte Instrumentalisierung des Todesfalls eines 22-jährigen Mannes in Köthen durch Rechtsextreme. Das Opfer war nach einem Streit mit zwei Afghanen am späten Samstagabend in Köthen gestorben, laut Obduktion an akutem Herzversagen. Die beiden Afghanen befinden sich in Untersuchungshaft.

Bereits am Sonntagabend hatte die rechtsextreme Szene für eine Demonstration in der Stadt mobilisiert, an der 2500 Menschen teilnahmen. Die Redebeiträge werden auf ihre strafrechtliche Relevanz geprüft. Am Montagabend hatte die AfD in Köthen zu einer Gedenkveranstaltung aufgerufen, die Polizei war mit Hunderten Einsatzkräften vor Ort. epd/ja

Washington D.C.

Trump ruft zu Vorgehen gegen islamistischen Terror auf

Bei einer Chanukka-Feier im Weißen Haus spricht der Präsident den Hinterbliebenen der Opfer vom Anschlag in Sydney sei Beileid aus

 17.12.2025

Washington D.C.

USA verhängen Einreisestopp für Inhaber palästinensischer Dokumente

Zur Begründung heißt es, in den palästinensischen Gebieten seien mehrere von den USA als Terrororganisationen eingestufte Gruppen aktiv, die auch US-Bürger getötet hätten

 17.12.2025

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025