Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Die »J7 Task Force« wurde im Jahr 2023 gegründet. Foto: J7

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025 22:52 Uhr

Angriffe auf Menschen, Schulen und Synagogen: In den Staaten mit den sieben größten jüdischen Gemeinschaften außerhalb Israels sind die Zahlen zu Antisemitismus massiv gestiegen - 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Entwicklung sei beunruhigend, betonte die Initiative »J7«.

Sie stellte ihren ersten Jahresbericht am Mittwoch in Berlin vor. Demnach gibt es einen dramatischen Anstieg sowohl in den absoluten Zahlen antisemitisch motivierter Vorfälle als auch bei den Vorfällen pro Kopf. Als Grund wird vor allem der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit seinen Folgen genannt.

In allen sieben Staaten zusammengenommen wurden laut Bericht im Jahr 2023 insgesamt 21.427 antisemitisch motivierte Vorfälle registriert. Im Jahr davor seien es 8.065 gewesen. Prozentual gesehen liegt der Anstieg den Angaben zufolge teilweise in dreistelliger Höhe, je nach Land. Die judenfeindlichen Vorfälle pro Kopf hätten ebenfalls ein »alarmierendes Niveau« erreicht: In Deutschland etwa seien es 2023 mehr als 38 auf 1.000 jüdische Einwohner gewesen, gefolgt von Großbritannien mit 13.

Bericht sieht Versagen von Regierungen

Hinzu kämen Entwicklungen, die in allen sieben Staaten zu beobachten seien: ein Anstieg von Gewalt, wiederholtes Zielen auf jüdische Einrichtungen und eine Eskalation von digitalem Hass. Außerdem wüchsen Unsicherheiten, die dazu führten, dass einige Jüdinnen und Juden ihre Identität versteckten, heißt es. Regierungen versagten zudem darin, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die in antisemitisch motivierter Gewalt verstrickt seien oder die Terrorismus gegen Israel unterstützten, heißt es.

»J7« hatte sich im Sommer 2023 gegründet und versteht sich als »Task Force« für den Kampf gegen Antisemitismus. Derzeit hat Deutschland den Vorsitz inne. Mitgliedsorganisationen sind der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Anti-Defamation-League (USA), das Board of Deputies of British Jews (Großbritannien), der Conseil Representatif des Institutions Juives de France (Frankreich), das Centre for Israel and Jewish Affairs (Kanada), die Delegacion de Asociaciones Israelitas Argentinas (Argentinien) sowie der Executive Council of Australian Jewry (Australien).

Warnung vor zerstörerischer Kraft

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht eine »Front«, die von Islamisten bis hinein in die Mitte der Gesellschaft reiche. »Diese Koalition stellt die Selbstverständlichkeit sowohl heutigen jüdischen Lebens als auch Deutschlands Erinnerungskultur infrage.«

Lesen Sie auch

Alex Ryvchin, Co-Geschäftsführer des Exekutivrats des australischen Judentums, erklärte anlässlich der Vorstellung des Berichts: Die australische Erfahrung habe gezeigt, dass wenn Antisemitismus nicht mit ausreichender Kraft an Polizeiarbeit, Gesetz und politischer Führung zusammentreffe, er in zerstörerische Gewalt ausarten könne. Außerdem könne er dann die »bösartigsten Elemente« einer Gesellschaft anziehen - was von religiösen und ideologischen Fanatikern bis hin zu organisierter Kriminalität reichen könne.

Jerusalem

»Terror-Anführer können nirgendwo mehr sicher sein«

Netanjahu: Der Luftschlag hat die Hamas-Führer genau an dem Ort getroffen, an dem sie am 7. Oktober 2023 gefeiert haben

von Christoph Arens  10.09.2025 Aktualisiert

Zentralrat

Empathie mit Juden hat »dramatisch abgenommen«

Die im November 2024 erfolgte Befragung jüdischer Gemeinden hatte auch ergeben, dass fast die Hälfte der Gemeinden nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Krieg in Gaza von antisemitischen Vorfällen betroffen waren

 09.09.2025

Der Rest der Welt

Warum ich wegen Annalena Baerbock »Sex and the City« gucke

Die Ex-Außenministerin ist Präsidentin der UN-Generalversammlung und zeigt auf Instagram ihr Carrie-Brad­shaw-mäßiges Leben in New York

von Katrin Richer  09.09.2025

London

Israels Präsident Herzog besucht Großbritannien

Der Besuch des israelischen Präsidenten erfolgt auf Einladung jüdischer Organisationen in einer spannungsgeladenen Zeit

 09.09.2025

Rechtsterrorismus

Ex-Innenminister Beckstein: NSU-Morde »größte Niederlage des Rechtsstaats«

25 Jahre nach dem ersten NSU-Mord zieht der frühere bayerische Innenminister Beckstein ein gemischtes Fazit zur Aufklärung. Er spricht außerdem über weitere mögliche Mitwisser - und räumt Fehler ein

von Hannah Krewer  09.09.2025

Tunesien

Feuer an Bord eines Schiffs der »Gaza Sumad Flotilla«

Die Aktivisten sprechen von einem israelischen Drohnenangriff. Doch die tunesischen Behörden glauben nicht an diese Theorie

 09.09.2025

Washington D.C.

Demokraten zeigen angebliches Trump-Schreiben an Epstein

Ein angebliches Geburtstagsschreiben Donald Trumps an den Sexualstraftäter sorgt für Aufsehen. Jetzt stellen Demokraten das fragliche Dokument ins Netz. Die Republikaner zürnen

 09.09.2025

Berlin

Polizei zählt 899 antisemitische Delikte in drei Monaten

Die Linken-Politikerin Bünger fordert mehr Schutz für jüdisches Leben und warnt zugleich vor einer »Kriminalisierung« von Gaza-Protesten

 09.09.2025

Berlin/Ulm

Ron Prosor: Angriff auf israelischen Rüstungskonzern Elbit in Ulm ist ein terroristischer Akt

In Ulm ist eine israelische Firma angegriffen worden. Die Polizei vermutet einen politischen Hintergrund. Nun äußert sich der Botschafter des Landes

 09.09.2025