Meinung

J-Street gehört dazu

Ich will keinem Club angehören, der mich als Mitglied aufnimmt.» Mit diesem Zitat von Groucho Marx könnte auch der Präsident von J-Street, Jeremy Ben-Ami, das Veto der Conference of Presidents of Major American Jewish Organizations gegen die Aufnahme seiner Organisation spöttisch abtun. Allerdings ist die Conference kein Comedy Club.

Im Gegenteil. Sie war bei ihrer Gründung im Jahre 1956 als Ratgebergremium für die amerikanische Regierung gedacht – also «serious sh...», wie der Amerikaner sagen würde. Deshalb ist der Streit um J-Streets Mitgliedschaft in der Conference wichtig, auch wenn er von der Sache her bestenfalls nebensächlich ist. Er zeigt nämlich, wie es um die Struktur der jüdischen Gemeinschaft bestellt ist: Hinter der schönen Einheitsfassade bröckelt es gewaltig.

einfluss Man mag zu den Anhängern von J-Street stehen, wie man will: Antijüdisch und antidemokratisch sind sie nicht. Es schadet der jüdischen Gemeinschaft nach innen wie nach außen, wenn der Opposition in den eigenen Reihen der Mund verboten wird. Wie das Kind, das sich die Augen zuhält, nicht unsichtbar wird, verschwinden Kritiker wie J-Street nicht einfach, wenn man ihnen das Mikrofon entzieht.

Sie suchen sich vielmehr andere Plattformen, auf denen sie ihre Ansichten umso lauter verbreiten können. Die Conference wollte sich vor dem «bösen Einfluss» der J-Street-Leute schützen, doch gerade dieser protektionistische Akt wird ihr jetzt zum Verhängnis. Mit ihrem Veto gegen J-Street hat die Conference ihre eigene Legitimität und Zweckbestimmung infrage gestellt.

Wovor hat sie Angst? Mit einer einzigen Stimme kann J-Street nicht den Kurs bestimmen, aber die Diskussion bereichern. Meinungsvielfalt ist ein Kernbestandteil des Judentums. Sinn und Zweck der Conference war es ursprünglich, die gesamte jüdische Gemeinschaft zu repräsentieren, nicht nur den Mainstream – abgesehen davon, dass die Dominanz des eher rechtsgerichteten orthodoxen Judentums sowieso schon lange schwächelt.

Das wollen die konservativen Kräfte in der Conference aber nicht wahrhaben. Damit erweist sie sich als so reformresistent wie das orthodoxe Judentum selbst. Und seien wir doch mal ehrlich: Können 50 Juden überhaupt einer Meinung sein? Eben. Es geht nicht darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern sich auf das zu besinnen, was wirklich wichtig ist. Denn das, was uns eint, ist weitaus bedeutender als das, was uns trennt.

Die Autorin ist Rechtsanwältin und freie Journalistin in Atlanta, USA.

Antiisraelischer Beschluss

Linken-Spitze distanziert sich von Parteijugend

Die Linksjugend Solid wirft Israel unter anderem einen »kolonialen und rassistischen Charakter« vor – und löst in der Partei Empörung aus

 06.11.2025

Urteil

Betätigungsverbot für israelfeindlichen Aktivisten war rechtswidrig

Ghassan Abu-Sittah, der der israelischen Armee vorwirft, vorsätzlich Kinder zu töten, hätte auf dem »Palästina-Kongress« sprechen dürfen

 06.11.2025

Terrorismus

Nach Hamas-Festnahme: Waffenfund in Österreich

Der österreichische Verfassungsschutz stellte fünf Faustfeuerwaffen und zehn Magazine sicher

 06.11.2025

Gedenken

Neues Denkmal für jüdische Häftlinge in Gedenkstätte Ravensbrück

Etwa 20.000 Jüdinnen und Juden sind im ehemaligen Konzentrationslager Ravensbrück in Brandenburg inhaftiert gewesen. Die heutige Gedenkstätte hat nun ein neues Denkmal enthüllt - im Beisein von Überlebenden

von Daniel Zander  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Ehrung

»Wir Nichtjuden sind in der Pflicht«

Am Mittwochabend wurde Karoline Preisler mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgezeichnet. Wir dokumentieren ihre Dankesrede

 06.11.2025 Aktualisiert

Medien

So erzeugt man einen gefährlichen Spin

Wie das Medienunternehmen »Correctiv« den Versuch unternimmt, die Arbeit des israelischen Psychologen Ahmad Mansour fragwürdig erscheinen zu lassen

von Susanne Schröter  06.11.2025

Meinung

Wenn deutsche Linke jüdische Selbstbestimmung ablehnen

In einer Resolution delegitimiert die Linksjugend Israel als koloniales, rassistisches Projekt. Dabei ist der Staat der Juden nicht zuletzt eine Konsequenz aus den Verbrechen der Deutschen im Nationalsozialismus

von Frederik Schindler  06.11.2025

Ostdeutschland

AfD-Regierung als »Schreckensszenario«

Zehn Monate vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt wächst in den jüdischen Gemeinden die Sorge vor einem Sieg der AfD

von Joshua Schultheis  06.11.2025