Israel/Gaza

Israels Armee bombardiert weiterhin die Infrastruktur des Terrors

Weiterhin feuert die Hamas Raketen auf Israel ab, wie hier am Mittwoch. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Israel reagiert seit den Massakern mit schweren Luftangriffen auf den Gazastreifen. Diese fanden auch in der Nacht zum Donnerstag statt. Es laufe ein großangelegter Angriff gegen zur Hamas gehörende Ziele im Gazastreifen, teilte das Militär am frühen Morgen mit. Die Hamas habe unter dem abgeriegelten Küstengebiet ein Netzwerk von Tunneln angelegt, erklärte Armeesprecher Jonathan Conricus. Das seien keine Bunker für die Zivilbevölkerung, die Tunnel dienten ausschließlich der Hamas und ihren terroristischen Zielen. »Das ist das, was wir angreifen«, sagte der Armeesprecher.

Angesichts des Leidens der Zivilbevölkerung forderte UN-Generalsekretär António Guterres schnelle Hilfe für die Menschen in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen. Lebenswichtige Hilfsgüter - darunter Treibstoff, Lebensmittel und Wasser - müssten in den Gazastreifen gelangen können. »Wir brauchen jetzt schnellen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe«, sagte Guterres am Mittwoch (Ortszeit) in New York. Die Hamas forderte er zur Freilassung aller Geiseln auf.

Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Passierstellen gehen nach Israel. Zuletzt waren sämtliche Übergänge geschlossen. Israel verhängte aufgrund des Terrors eine komplette Blockade über das Gebiet, in dem rund 2,3 Millionen Palästinenser leben.

EU-Außenbeauftragter Borrell kritisiert Blockade des Gazastreifens

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Versorgung mit Wasser, Strom und Nahrungsmitteln für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264.000 Menschen innerhalb des abgeriegelten Gebietes. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die unablässigen Luftangriffe Israels als »Massaker«. Zugleich verurteilte er das Töten von israelischen Zivilisten durch die Hamas.

US-Präsident Joe Biden rief Israel dazu auf, nach den »Regeln des Krieges« zu handeln und das Völkerrecht zu achten. Es gibt Anzeichen, dass Israels Armee in dem dicht besiedelten Gebiet eine Bodenoffensive starten wird. 300.000 Soldaten sind mobilisiert. Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Hamas nie wieder angreifen kann.

Die Lufthansa soll am Donnerstag Sonderflüge für Deutsche aus Israel im Auftrag des Auswärtigen Amts aufnehmen. Das geht aus einer Mitteilung des Ministeriums an Deutsche hervor, die sich auf der Vorsorgeliste für Kriseninformationen eingetragen haben. Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einer Eskalation des Konflikts. »Es besteht die Gefahr, dass das ein Flächenbrand werden kann«, sagte Scholz am Mittwochabend in den ARD-»Tagesthemen«. Nun müsse man zusammen mit Verbündeten dafür sorgen, dass dieser Fall nicht eintrete.

Am Donnerstag empfängt Scholz in Berlin Tamim bin Hamad Al Thani, den Emir von Katar. Der Golfstaat soll sich als Vermittler zwischen Israel und Hamas angeboten haben. Deutschland unterstützt Israel beim Kampf gegen die Hamas mit bis zu zwei von der Bundeswehr geleasten Kampfdrohnen vom Typ Heron TP. Das Verteidigungsministerium habe einer Nutzungsbitte Israels an die Bundesregierung zugestimmt, teilte das Bundesverteidigungsministerium am Mittwochabend mit.

Israels Ministerpräsident Netanjahu und Oppositionspolitiker Benny Gantz verabredeten unterdessen eine Notstandsregierung. Die gemeinsame Führung sei nötig, um einen »Feind schlimmer als den IS« zu bekämpfen, sagte Netanjahu am Mittwochabend unter Verweis auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). »Wir kämpfen mit voller Kraft, an allen Fronten, wir sind zum Angriff übergegangen. Jedes Mitglied der Hamas ist ein toter Mann«, fügte Netanjahu hinzu, wie »The Times of Israel« berichtete.

Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen, wie eine militärisch riskante Bodenoffensive. zu treffen.

US-Regierung in Gesprächen über Ausreise von Zivilisten aus Gaza

Die US-Regierung führt mit Israel und Ägypten Gespräche über die Öffnung eines Grenzübergangs für Zivilisten zur Ausreise aus dem Gazastreifen. »Wir wollen nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen - und ich weiß, dass Israel nach bestem Wissen und Gewissen sicherstellen will -, dass Zivilisten nicht zu Schaden kommen«, sagte US-Außenminister Antony Blinken vor seiner Abreise nach Israel, wo er am Donnerstag Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Präsident Izchak Herzog treffen will.

Terroristen der Hamas hatten am vergangenen Samstag Massaker in israelischen Grenzorten und auf einem Musikfestival angerichtet. Unter den mehr als 1200 Todesopfern seien 189 Soldaten, teilte Israels Armee am Mittwochabend mit. Die weitaus meisten der getöteten Menschen sind demnach Zivilisten. Mindestens 3000 Menschen wurden verletzt und rund 150 in den Gazastreifen entführt.

US-Präsident Biden nannte den Hamas-Angriff »den tödlichsten Tag für Juden seit dem Holocaust«. Gleichwohl appelliere er an Netanjahus Regierung, bei der Gegenreaktion Augenmaß zu bewahren, wie er bei einem Treffen mit führenden Vertreterinnen und Vertretern jüdischer Gemeinden in Washington betonte.

USA zu Hilfe Israels entschlossen

Israel müsse Maßnahmen ergreifen, um sich zu verteidigen, und sicherstellen, dass sich das Geschehene nicht wiederhole, so US-Außenminister Blinken vor dem Abflug nach Israel. »Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass Israel alles bekommt, was es braucht, um sich zu verteidigen und für die Sicherheit seines Volkes zu sorgen.« dpa

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza/Westjordanland

Umfrage: Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

Klare Mehrheit der Palästinenser zudem gegen Entwaffnung der Hamas

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025