Konferenz

Israel will Allianz mit arabischen Staaten

Israels Premier Benjamin Netanjahu während der Tagung in Warschau Foto: imago

Israel will mit arabischen Staaten eine Allianz gegen den Iran schmieden. Regierungschef Benjamin Netanjahu nannte es am Donnerstag bei einer umstrittenen Nahost-Konferenz in Warschau einen »historischen Wendepunkt«, dass ein israelischer Ministerpräsident und die Außenminister führender arabischer Länder zusammen »mit ungewöhnlicher Härte, Klarheit und Einigkeit gegen die gemeinsame Bedrohung des iranischen Regimes« eintreten würden.

Dies markiere eine wichtige Veränderung in der Wahrnehmung, was für die Sicherheit im Nahen Osten notwendig sei und welche Kooperationsmöglichkeiten es dafür gebe. »Ich ziehe daraus den Schluss, dass das in anderer Form, auf anderen Wegen mit demselben Ziel fortgesetzt werden muss.«

Netanjahu bezeichnet die Tagung als »historischen Wendepunkt«.

FRIEDEN Unterstützung erhielt Netanjahu von den USA. Ziel von US-Präsident Donald Trump sei es, »Nationen auf neue Weise zusammenzubringen, um alte Probleme zu lösen«, sagte Außenminister Mike Pompeo. »Das ist heute hier unsere Mission.« Ohne ein Vorgehen gegen den Iran werde es keinen Frieden und keine Stabilität in der Region geben.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

An der zweitägigen Konferenz, die gemeinsam von den USA und Polen organisiert wurde, nehmen Vertreter von etwa 60 Ländern teil. Beim Auftakt-Abendessen am Mittwoch war es ausschließlich um den Iran gegangen, der gleichzeitig mit Saudi-Arabien um die Vormachtstellung in der Region konkurriert.

Der Iran äußert sich Israel gegenüber seit Langem extrem feindlich – und droht wiederholt mit dessen Vernichtung. Ein Kommandeur der iranischen Revolutionsgarden (IRGC), General Jadollah Dschawani, hatte erst am Montag mit Angriffen auf Tel Aviv und Haifa gedroht, falls die USA den Iran angreifen sollten. »Die USA sollten wissen, dass wir bei einem militärischen Angriff auf uns Tel Aviv und Haifa dem Erdboden gleichmachen würden«, sagte Dschawani.

Auch Regierungsvertreter aus Jordanien, Katar und Kuwait sind angereist.

BAHRAIN Netanjahu hielt nach Teilnehmerangaben eine scharfe Rede bei dem Dinner. Daneben sprachen die Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrains sowie der saudische Staatssekretär Adel al-Dschubair. Am Donnerstag saß Netanjahu in der Arbeitssitzung neben dem jemenitischen Außenminister Chalid al-Jamani. Nach Angaben der polnischen Veranstalter sind auch Regierungsvertreter aus Jordanien, Katar und Kuwait angereist.

Mehrere führende Palästinenser haben dagegen zum Boykott der Konferenz aufgerufen, darunter Präsident Mahmud Abbas und Außenminister Riad Malki. »Wir sehen die Warschau-Konferenz als Komplott gegen die palästinensische Sache«, sagte Malki in einer Stellungnahme zur Konferenz. Die Palästinenser befürchteten schon vor Beginn, dass die US-Regierung eine arabisch-israelische Allianz gegen den Iran auf ihre Kosten schmieden könnten.

Mehrere führende Palästinenser hatten zum Boykott der Konferenz aufgerufen.

US-Präsident Trump hat bereits vor seinem Amtsantritt Anfang 2017 einen Nahost-Friedensplan für den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern angekündigt. Dieser soll Medienberichten zufolge nach den israelischen Parlamentswahlen im April präsentiert werden. Die USA versuchen, mächtige arabische Staaten wie Saudi-Arabien als Unterstützer für den Plan zu gewinnen.

AUFREGUNG Netanjahu hatte vor der Konferenz mit einem per Twitter verbreiteten Video für Aufregung gesorgt, in dem er das hebräische Wort »Milchama« im Zusammenhang mit dem Iran verwendete. Es kann Krieg, aber auch Bekämpfung bedeuten und wird etwa auch im Zusammenhang mit Kampf gegen Krebs, Drogen oder Armut verwendet.

Netanjahus Büro übersetzte es im Englischen allerdings zunächst als »war« (Krieg). Der Ministerpräsident wurde demnach mit den Worten zitiert, es gehe bei der Konferenz darum, »unser gemeinsames Anliegen eines Krieges mit dem Iran voranzubringen«. Später wurde »war« zu »combatting« (bekämpfen) korrigiert. Das Video wurde außerdem gelöscht.

Die Idee einer israelisch-arabischen Allianz gegen den Iran könnte zumindest teilweise auch innenpolitisch motiviert sein. Netanjahu hat in den vergangenen Wochen immer wieder auf eine Annäherung seines Landes an arabische Staaten unter seiner Führung verwiesen. Dieser Kurs könnte seine Chancen bei den Neuwahlen im April verbessern.

AGENDA Die Warschauer Konferenz war schon Wochen vor Beginn umstritten, weil der Vorwurf einer anti-iranischen Agenda im Raum stand. Mehrere westeuropäische Staaten haben keine Außenminister geschickt, darunter Deutschland.

»Europa ist in der Iran-Frage nicht gespalten«, betont Außenminister Maas.

Chefdiplomat Heiko Maas (SPD) ließ Staatsminister Niels Annen (SPD) den Vortritt. Dieser trat Spekulationen entgegen, die Veranstaltung könne die Europäer im Umgang mit dem Iran auseinanderdividieren.

»Europa ist in der Iran-Frage nicht gespalten«, sagte Maas. Man stehe gemeinsam zu dem Atomabkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe, aus dem die USA ausgestiegen sind.

Ungeachtet dessen forderten die USA die Europäer am heutigen Donnerstag eindringlich auf, das Atomabkommen mit dem Iran fallen zu lassen. US-Vizepräsident Mike Pence drohte Deutschland und anderen Verbündeten am Donnerstag in einer außergewöhnlich scharfen Rede auf der Nahost-Konferenz in Warschau sogar indirekt damit, ihnen sonst an anderer Stelle die Solidarität zu entziehen.

Die USA werfen Iran vor, einen neuen Holocaust zu befürworten und Israel von der Landkarte wischen zu wollen.

»Wenn ihr uns bei diesem edelen Anliegen zur Seite steht, dann stehen wir auch zu euch«, sagte er. Pence warf dem Iran vor, der größte Geldgeber für Terrorismus weltweit zu sein, einen neuen Holocaust zu befürworten und Israel von der Landkarte wischen zu wollen.

Die 28 EU-Staaten hatten sich erst vergangene Woche einstimmig zu der Vereinbarung bekannt, die auf wirtschaftliche Anreize setzt, um die militärische Nutzung des iranischen Atomprogramms zu verhindern. Die USA halten die Einmischung Teherans in regionale Konflikte wie in Syrien und im Jemen für Terrorismus, den sie über Sanktionen einzudämmen versuchen.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025