Meinung

Israel hat in Ägypten keine Wahl

Israel verfolgt die ägyptischen Präsidentschaftswahlen mit besonderem Interesse – und mit Sorge. Für Jerusalem geht es um den Fortbestand des ersten und wichtigsten Friedensvertrags mit einem arabischen Partner, um die Zukunft der Beziehungen zum bevölkerungsreichsten Nachbarstaat, der für Israel geostra-
tegisch eine entscheidende Rolle spielt.

Das Ergebnis der ersten Wahlrunde lässt wenig Raum für Hoffnung: Die Ägypter werden Mitte Juni entweder Mubaraks alten Premierminister, Ahmad Schafik, oder den Kandidaten der Muslimbrüder, Muhammad Mursi, ins Amt heben. Es ist einerlei, welcher der beiden gewählt wird. Für Israel beschwört der Sieg gleich welches der Kandidaten große Probleme herauf.

Konflikt Mursi, seiner Parteilinie treu, bezeichnet Israel als Feindstaat, solidarisiert sich mit der Hamas und will den Friedensvertrag mit Jerusalem »ändern«. Der Weg bis zu einem Krieg mit Israel ist zwar noch weit, dennoch könnte sich die Lage erheblich verschlechtern. Zumal der Armee langfristig ein Konflikt mit den Muslimbrüdern ins Haus steht, weswegen sich die Generäle hüten werden, etwas zu tun, wofür Islamisten sie als »Verräter« zeihen können. Unter Mursi wird das Sicherheitschaos auf dem Sinai andauern. Ägypten könnte zum strategischen Hinterland der Hamas werden und sie im Machtkampf mit der pragmatischen Fatah stärken.

Auch Schafik, der im Wahlkampf stolz betonte, er habe als Kampfpilot israelische Maschinen abgeschossen, bedeutet für Israel wenig Gutes. Zwar ist er ein geschworener Feind der Islamisten und wünscht als General gute Beziehungen zu den USA. Doch Israel betrachtet er als Gegner. Schafik deutete bereits an, er werde den Tahrir-Platz »innerhalb von fünf Minuten von der Armee räumen« lassen, falls die Massen sich gegen ihn erheben.

Das daraus entstehende Chaos würde für Israel mehr Unsicherheit an seiner Grenze zur Folge haben und einen Präsidenten, der dem Volk beweisen muss, dass er ein treuer Patriot ist, obschon er seine Landsleute aus politischen Gründen hinter Gitter sperrt. Wie das geht, machen arabische Diktatoren seit Jahrzehnten vor: Man hetzt weiter gegen Israel.

Der Autor ist freier Journalist in Israel.

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