Israel

Immer wieder Iran

Angela Merkel und Benjamin Netanjahu im Berliner Kanzleramt Foto: GettyImages

Um bei seinem Berlin-Besuch die Dringlichkeit seines Anliegens zu betonen, konnte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bei Ali Khamenei bedienen. Der politische und religiöse Führer der Islamischen Republik hatte nämlich ausgerechnet am Vortag geschrieben: »Israel ist ein bösartiger Tumor in der westasiatischen Region, der entfernt und ausgerottet werden muss: Es ist möglich, und es wird passieren.«

Auch mit Hinweis darauf forderte Netanjahu am Montag seine Gastgeberin Angela Merkel auf, ihre Position zum Iran-Atomabkommen zu überdenken. »Der Iran ruft zu unserer Zerstörung auf«, erklärte Netanjahu in Berlin und verwies als jüngsten Beleg auf diesen aktuellen Tweet von Khamenei. Es gehe Khamenei darum, »erneut sechs Millionen Juden zu vernichten«, sagte Netanjahu. So etwas sei zwar »außergewöhnlich, aber das, womit wir konfrontiert sind«. Der Iran wolle an Atomwaffen kommen, um seinen genozidalen Wunsch durchzuführen.

kanzlerin »Wir lehnen das, was die iranische Führung dort gesagt hat, aufs Schärfste ab«, sagte Merkel. »Wir stehen selbstverständlich für Israels Recht auf Sicherheit ein und haben dies dem Iran auch in aller Klarheit und Härte zu jedem Zeitpunkt gesagt.« Mit Blick auf das Iran-Abkommen fügte Merkel hinzu: »Uns eint das Ziel, dass der Iran niemals eine nukleare Bewaffnung bekommen darf.« Uneinigkeit gebe es lediglich über den Weg, dieses Ziel zu erreichen.
Deutschland will auf diplomatischem Weg gegen den Iran vorgehen.

Das Iran-Abkommen mit dem Namen »Joint Comprehensive Plan of Action« (JCPOA) dürfte derzeit die größte Uneinigkeit zwischen Deutschland und Israel darstellen. Es verpflichtet den Iran auf dem Papier, für zehn Jahre Teile seines Atomprogramms zu beschränken. Damit soll der Bau von Atomwaffen verhindert werden.

Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben, wodurch der Iran massiv wirtschaftlich profitiert.
Israel ist gegen das Abkommen. Netanjahu argumentiert, der Iran würde das Abkommen unterlaufen. Im Mai hatte er Dokumente vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass der Iran trotz des Abkommens weiter ein geheimes Atomwaffenprogramm verfolgt. Kurz darauf traten die USA aus dem Abkommen aus und verhängten neue Sanktionen gegen den Iran.

atomprogramm Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland halten hingegen an dem Abkommen fest. Dazu erklärte Merkel: »Wir glauben, dass das JCPOA eine Möglichkeit ist, die iranischen Aktivitäten für eine bestimmte Zeit unter Kontrolle zu halten und damit eine nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern.« Trotz dieser Meinungsverschiedenheit unterstützt Merkel Israels Anliegen, die »bedeutsamen Materialien« über das Atomprogramm durch die Internationale Atomenergie-Organisation bewerten zu lassen.

Doch nicht nur wegen des Atomprogramms plädiert Netanjahu so heftig für Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. »Wir haben gesehen, dass der Iran etwa 25 Milliarden Dollar im Jemen, in Syrien und im Libanon eingesetzt hat«, sagte der israelische Premierminister. Dabei handle es sich um »Geld, dass er auf die eine oder andere Weise durch die Aufhebung der Sanktionen verdient hat«. Wirtschaftssanktionen würden die Finanzierung des iranischen Imperiums schwächen, argumentierte Netanjahu.

Auch hier wollte Merkel keinen Widerspruch formulieren: »Die regionale Einflussnahme des Iran ist besorgniserregend, insbesondere für die Sicherheit Israels.« Mit Sorge blicke sie auf das ballistische Programm des Iran, seine Aktivitäten im Jemen und die Präsenz iranischer Soldaten in Syrien. Deutschland wolle auf diplomatischem Wege helfen, den Iran aus der Region zurückzudrängen.

sigmar gabriel Abgesehen von den unterschiedlichen Einschätzungen in Sachen Iran scheint sich das deutsch-israelische Verhältnis jedoch wieder zu entspannen. Unter Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) war es zu Spannungen zwischen den Ländern gekommen, die doch stets ihre »besonderen Beziehungen« betonen. Gabriel hatte sich bei einer diplomatischen Reise nach Israel mit stark umstrittenen NGOs getroffen – und diese einem Treffen mit Netanjahu vorgezogen. Im vergangenen Jahr waren die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen abgesagt worden – offiziell wegen Terminschwierigkeiten.

Mit Gabriels Nachfolger Heiko Maas (SPD) ist der Ton gegenüber Israel freundlicher geworden. Merkel und Netanjahu kündigten für den 4. Oktober neue Regierungskonsultationen in Israel an. Auf deutscher Seite wird die Reise von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Auch über Technologieaustausch wolle man dort sprechen. Merkel betonte: »Wir sind Freunde, wir sind Partner, und wir sind bemüht, unsere gegenseitigen Interessen zu verstehen.«

Mit Blick auf die jüngsten Ereignisse am und im Gazastreifen verurteilte Merkel den »Missbrauch von Kindern und zivilen Menschen« durch die Hamas. Die Kanzlerin kündigte zugleich wirtschaftliche Unterstützung für die Bewohner des Gaza­streifens an. Man habe über »sehr konkrete Projekte« gesprochen.
Nach seinem Treffen mit Angela Merkel reiste Netanjahu zu Emmanuel Macron nach Paris und zu Theresa May nach London. Auch dort warb er vor allem für eine andere Iranpolitik. Bislang blieben diese Bemühungen ohne Erfolg. Die EU hält geschlossen an dem Iran-Abkommen fest.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025