Judenhass

»Ich hoffe, dass irgendetwas passiert«

Gil Ofarim Foto: imago/Horst Galuschka

Nach dem Aufschrei um Antisemitismus-Vorwürfe in einem Leipziger Hotel hat der Musiker Gil Ofarim einen Wandel in der Gesellschaft angemahnt. »Ich hoffe, dass irgendetwas passiert«, sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die Gefahr sei, dass die Debatte nach kurzer Zeit verpuffe. »Was mir widerfahren ist, passiert jeden Tag in Deutschland, aber oftmals Menschen, die vielleicht keine Plattform haben, um darauf aufmerksam zu machen.« Betroffene hätten oft Angst, sich zu melden. Er habe damit gerechnet, dass seine Aktion Wellen schlage, das Ausmaß habe ihn dennoch überrascht. Die Folgen könne er für sich noch nicht abschätzen. Jüngst habe ihn die Polizei nach einem Auftritt zur Sicherheit eskortiert. 

Ofarim bekräftigte, dass er am Dienstag Anzeige erstatten wolle. Er werde an dem Tag von Ermittlern in München als Zeuge vernommen. Die Staatsanwaltschaft Leipzig wollte am Montag keine näheren Auskünfte zum Stand der Ermittlungen machen. Ihr liegen mehrere Anzeigen zu dem Vorfall vor einer Woche vor - auch von dem beschuldigten Hotelmitarbeiter wegen Verleumdung. Er schildert nach früheren Angaben die Vorkommnisse anders als der Künstler.

Ofarim hatte vor einer Woche in einem Video geschildert, dass ihn ein Hotelmitarbeiter in Leipzig aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Das Video wurde seither mehr als 3,3 Millionen Mal angesehen. Er selbst bezeichnet sich als säkularer Jude. Der Vorfall hat Empörung und Solidarität ausgelöst. Die Marriott-Gruppe, zu der das Leipziger Hotel gehört, hat gegenüber Ofarims Management ihr »tiefes Bedauern« über den Vorfall ausgedrückt. 

Für ihn sei es nicht das erste Mal, dass er mit Antisemitismus konfrontiert wurde, betonte Ofarim. »Nur aus der Mitte der Gesellschaft, in einem Hotel, in dem jeden Tag Menschen aus aller Welt willkommen geheißen werden - das habe ich so noch nicht erlebt.« Er glaube nicht, dass das ganze Hotel und sein Personal diese Gesinnung habe. »Es sind immer einzelne Personen«, betonte Ofarim. Aber solcher Antisemitismus in der Gesellschaft sei Gift. Er hätte sich gewünscht, dass ihm in der konkreten Situation jemand zur Seite gesprungen wäre. 

Dem in Internetkommentaren häufig geäußerten Vorwurf, ihm gehe es um Aufmerksamkeit, wies Ofarim energisch zurück. Niemand würde sich freiwillig zur Zielscheibe rechter Gesinnungen machen, betonte er. Schon gar nicht für PR-Zwecke. Der Vorfall in dem Hotel sei kein spezifisches Problem für Leipzig, sondern ein gesellschaftliches Problem in Deutschland. »Ich war oft in Leipzig, ich liebe diese Stadt«, sagte der Sänger. »Es ist eine wunderschöne Stadt, vielleicht sogar eine der schönsten in Deutschland.« 

Am Montagabend äußerte sich Ofarim in der Sendung »Zervakis & Opdenhövel. Live.« des TV-Senders Pro Sieben über seinen Fall. »Ich bin nach wie vor sprachlos und schockiert, zugleich aber auch nicht überrascht.« Er habe mit Antisemitismus schon öfters Erfahrungen gemacht, aber nicht so. Er spüre viel Solidarität, frage sich aber auch, ob sich etwas ändern werde an der Situation. »Es war vielleicht ein Angriff zu viel«, sagte Ofarim vor dem Hintergrund, warum er per Video die Öffentlichkeit suchte. Er habe sich zur Zielscheibe gemacht und werde nun bedroht. Am Sonntag habe ihn eine Nachricht erreicht mit der Aussage, »bei der nächsten Säuberung bist Du ganz vorne mit dabei, mein Freund«. dpa

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025

Nahost

Israel: Wir stehen kurz vor Abschluss des Einsatzes in Gaza

US-Präsident Donald Trump sagte jüngst, dass es bald im Gaza-Krieg eine Waffenruhe geben könnte. Auch Israels Verteidigungsminister Katz äußert sich nun optimistisch

 30.06.2025

Debatte

Anti-Israel-Parolen: USA entziehen britischer Band Visa

Ein britischer Festivalauftritt mit israelfeindlichen Parolen wird live von der BBC übertragen. Der Sender steht unter Druck – und die USA kündigen an, der Band die Einreise zu verweigern

 30.06.2025

Interview

Nuklearforscher: »Das iranische Atomprogramm neu aufzubauen, wird Jahre dauern«

Georg Steinhauser über die israelischen und amerikanischen Schläge gegen Atomanlagen im Iran, die Eigenschaften von Uran-235 und mögliche Szenarien für die Zukunft

von Michael Thaidigsmann  30.06.2025

Israel

Früherer Geheimdienstchef der israelischen Armee: Jerusalem musste das Atomprogramm der Mullahs stoppen

Im Juni 1981 war Amos Yadlin an der Zerstörung von Saddam Husseins Kernreaktor beteiligt. Nun hat er ausführlich über Israels Präventivschlag gegen das Mullah-Regime und den angeblichen »Völkermord« in Gaza Auskunft gegeben

von Imanuel Marcus  30.06.2025 Aktualisiert

Drohung

Iranische Zeitung fordert Todesstrafe gegen IAEA-Chef Grossi

Das staatliche Propagandablatt wirft Rafael Grossi vor, für Israel spioniert zu haben

 30.06.2025

Düsseldorf

Islamistischer Tiktok-Star gesteht Spendenbetrug

Der Islamist »Abdelhamid« hat unter seinen Followern Spenden »für Palästina« gesammelt und diese dann unter anderem für einen BMW ausgegeben. Das gestand er nun vorm Düsseldorfer Landgericht

von Martin Höke  30.06.2025

Düsseldorf

NRW: Zahl antisemitischer Straftaten gestiegen

Fast 700 Fälle wurden im vergangenen Jahr registriert - ein Zuwachs von 27 Prozent

 30.06.2025