Wuligers Woche

Hurra, wir scheitern wieder!

Foto: Getty Images / istock

Der Satz von Karl Marx, dass sich alle historischen Ereignisse wiederholen, »das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce«, ist eigentlich durch allzu häufiges Zitieren so abgenutzt, dass man sich scheut, ihn zu verwenden. Aber manchmal drängt er sich einfach auf.

In Baden-Württemberg will sich im Januar der bundesweite Verband »konsequent e.V. – Verein zur Abwehr des Antisemitismus« konstituieren, berichtete am Montag die »Heilbronner Stimme«. Der Verein werde sich »der Aufklärung zum Thema Antisemitismus und der Auseinandersetzung mit historischem Antisemitismus widmen, ebenso wie aktuellen Erscheinungsformen«. Antisemitische Äußerungen und Taten wolle man als solche sichtbar machen und ein deutliches Zeichen dagegen setzen.

NAME Für historisch beschlagene Leser, die bei dem Namen der neuen Initiative möglicherweise aufhorchen: Ja, die Benennung ist gewollt. »Der Verein knüpft bewusst an die Tradition des 1890 gegründeten ›Vereins zur Abwehr des Antisemitismus‹ an.«

Der Vorläufer löste sich im Jahr 1933 auf.

Ob diese Namenspatenschaft wirklich eine so gute Idee ist, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Möglicherweise haben die Initiatoren sich mit der Geschichte ihres illustren Vorläufers nicht genau befasst. Der historische »Verein zur Abwehr des Antisemitismus« wurde 1890 im Kaiserreich von liberalen Intellektuellen und Unternehmern gegründet, um dem damals aufkommenden massiven Judenhass »mit den Waffen der Wahrheit und Thatsachen« entgegenzuwirken.

Wie erfolgreich diese Bemühungen waren, wissen wir inzwischen. Der entsprechende Wikipedia-Eintrag endet mit dem Satz: »Der Verein löste sich im Juli 1933 auf.«

INSTINKTE So lange hätte man nicht warten müssen. Schon vier Jahre nachdem der »Verein zur Abwehr des Antisemitismus« ins Leben gerufen worden war, hatte einer seiner Gründer, der Historiker Theodor Mommsen, resigniert festgestellt: »Sie täuschen sich, wenn Sie glauben, daß man da überhaupt mit Vernunft etwas machen kann. Ich habe das früher auch gemeint … Aber es nutzt nichts. Es ist alles umsonst. Was ich Ihnen sagen könnte, was man überhaupt in dieser Sache sagen kann, das sind doch immer nur Gründe, logische und sittliche Argumente. Darauf hört doch kein Antisemit. Die hören nur auf den eigenen Haß und den eigenen Neid, auf die schändlichen Instinkte. Alles andere ist ihnen gleich.«

Das liest sich auch 125 Jahre später noch höchst aktuell. Falls der neue Verein mit dem alten Namen auch als Zeichen der Ermutigung für die bedrängte jüdische Gemeinschaft in Deutschland gedacht ist, geht dieser Schuss deshalb nach hinten los.

Die Wiedergründung eines »Vereins zur Abwehr des Antisemitismus« werden manche Juden hierzulande eher als warnenden Hinweis verstehen, schon mal zu schauen, wo die Koffer stehen. Aber vielleicht haben wir ja auch Glück, und die Tragödie wiederholt sich diesmal wirklich nur als Farce.

Meinung

Plötzlich wieder Freunde?

Sarah Cohen-Fantl meint, die Wiederaufnahme der Waffenexporte ändert nichts daran, dass die Bundesregierung das Vertrauen Israels und der Juden verloren hat

von Sarah Cohen-Fantl  18.11.2025

Berlin

Mehr als 500 Rechtsextremisten mit Haftbefehl gesucht

Nach knapp 40 von ihnen wird wegen Gewaltstraftaten gefahndet

 18.11.2025

Berlin

Deutsch-Israelische Gesellschaft kritisiert geplante deutsche Millionenhilfen für UNRWA

Volker Beck: »Hilfe darf nicht über einen Kanal erfolgen, der in die terroristischen Aktivitäten der Hamas verstrickt war und ist«

 18.11.2025

Deutschland

»Das ist Verrat am Vaterland«

Unionsfraktionschef Jens Spahn äußert sich einmal mehr klar zur AfD

 18.11.2025

Riad/Washington

USA liefern F-35-Kampfjets an Saudi-Arabien

Bislang wurden diese in der Region nur an den engen Verbündeten Israel abgegeben

von Christoph Meyer, Cindy Riechau, Franziska Spiecker  18.11.2025

USA

Clinton-Minister zieht sich wegen Kontakt zu Epstein zurück

Der Skandal um den verstorbenen Sexualstraftäter zieht weitere Kreise. Ein früherer Minister kündigt nun wegen seiner persönlichen Beziehung zu Epstein Konsequenzen an

 18.11.2025

New York

UN-Sicherheitsrat billigt Trumps Gaza-Plan

Die Resolution erhält 13 Stimmen, Russland und China enthalten sich. Trump: Es ist ein Moment wahrhaft historischen Ausmaßes

 18.11.2025

Auszeichnung

»Fair auf Israel blicken, ohne Schaum vor dem Mund«

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat den Augsburger Friedenspreis erhalten. In seiner Dankesrede warb er für einen unvoreingenommenen Blick auf den jüdischen Staat

 17.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  17.11.2025