Antisemitismus

»Gunst der Stunde 1933«

Es sei im Jahr 1933 »die Gunst der Stunde« gewesen, die ein jüdischer Geschäftsmann aus Frankfurt genutzt habe, um eine Immobilie zu verkaufen. So hat es am 10. November, einen Tag nach den Gedenkstunden zur Pogromnacht, der FDP-Stadtver- ordnete Stefan von Wangenheim im Frankfurter Römer formuliert.

Es gab nur einen Aufschrei der Empörung: den von Jutta Ditfurth. Die frühere Grünen-Politikerin sitzt für die Liste ÖkoLinX-Antirassistische Liste. »Ansonsten war es ruhig«, sagt Ditfurth. Andere Abgeordnete, wie Helmut Heuser von der CDU oder Dominike Pauli von der Linken, erzählen, sie hätten sich erst erkundigen müssen, was denn passiert sei. »Meinen ersten Zwischenruf hat von Wangenheim ignoriert«, erzählt Ditfurth, »ich habe nachgelegt, und dann hat er gesagt: ›Man kann sich seine Verwandtschaft ja leider nicht aussuchen‹ – das sorgte für gröhlendes Gelächter.« Von Wangenheim und Ditfurth sind nämlich Cousins, und aus Ditfurths Sicht war das Bekanntwerden dieser Konstellation der Grund für die Heiterkeit: »Das fanden die Abgeordneten interessant, nicht meine Kritik.«

Sensibilität Im Anschluss wies eine SPD-Abgeordnete von Wangenheims »Entgleisung« zurück. Mehr distanzierende Reaktion gab es zunächst nicht. Mittlerweile hat der FDP-Abgeordnete eine persönliche Erklärung verbreitet, die er bald im Römer vortragen möchte. »Meine Formulierung war äußerst unglücklich und wird der Sensibilität des Themas in keiner Weise gerecht«, heißt es. »Ich bedauere es besonders, wenn ich mit dieser unbedacht gewählten Formulierung die Gefühle von jüdischen Mitbürgern verletzt habe.« Die Vorsitzende der FDP-Fraktion, Annette Rinn, sagte, »mit der Erklärung ist es nun gut«. Auch von den Grünen gibt es Verständnis. »Diese Entschuldigung kann ich akzeptieren«, so Olaf Cunitz, grüner Fraktionschef. Und Helmut Heuser (CDU) glaubt, dass es »damit erledigt ist«.

Die Freien Wähler, die mit vier Abgeordneten im Frankfurter Römer vertreten sind, haben eine Pressemitteilung herausgegeben, in der es unter anderem heißt, dass Jutta Ditfurth »die verunglückte Formulierung« des FDP-Abgeordneten Stefan von Wangenheim zum Vorwand nehme, »um eine ihrer ebenso widerlichen wie typischen Hetzkampagnen gegen Andersdenkende zu starten«. Es sei »eine Schande, dass ein unbescholtener Stadtverordneter und Bürger sich einmal mehr in Frankfurt in fast demütiger Weise gegen bösartige Unterstellungen ideologischer Hetzer wehren muss«.

Gerügt wurde in der Sitzung nicht von Wangenheim, sondern einzig seine Kritikerin Ditfurth. Am Ende des Streits rief sie aus: »Stefan, was bist du für ein Arschloch.« Dieser unfeine Ausdruck wurde geahndet, nicht aber »die Gunst der Stunde« des Jahres 1933.

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025

Australien

Polizei in Sydney stoppt Verdächtige – Pläne vereitelt?

Nur wenige Tage nach den tödlichen Schüssen an Sydneys weltberühmten Bondi Beach gibt es einen Einsatz von Anti-Terror-Einheiten. Die Verdächtigen sollen auf dem Weg zum Strand gewesen sein

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Thüringen

Klage der rechtsextremen AfD gegen Verfassungsschutzchef teils erfolgreich

In einem Punkt wurde den Klägern recht gegeben, in zwei anderen nicht. Es geht um Äußerungen von Stephan Kramer in einem Medienbericht

 18.12.2025

Verbundenheit

Chanukka und Advent: Licht gegen den Hass

Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland versichert die Ratsvorsitzende Bischöfin Kirsten Fehr der jüdischen Gemeinschaft ihren Beistand und ihre Solidarität

von Bischöfin Kirsten Fehrs  18.12.2025

Landgericht Berlin

Gericht: »From the River to the Sea« ist Aufruf zur Judenvernichtung

Die 2. Große Strafkammer des LG Berlin I hat einen Mann wegen der Verwendung der Parole zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun muss wohl der Bundesgerichtshof ein abschließendes Urteil fällen

 18.12.2025

Tschechien

Prag plant Botschaftsverlegung nach Jerusalem

Der neue Prager Außenminister Petr Macinka sagt, der Schritt sei überfällig

 18.12.2025