NS-Prozess

Früherer SS-Mann Gröning »vollzugstauglich«

Der als »Buchhalter von Auschwitz« bekannte und verurteilte Oskar Gröning (l.) mit seinem Anwalt Hans Holtermann Foto: dpa

Das Oberlandesgericht Celle hält den vom Landgericht Lüneburg verurteilten früheren SS-Mann Oskar Gröning für »vollzugstauglich«. Eine Beschwerde des 96-Jährigen gegen die Ablehnung eines Haftaufschubs wies der Strafsenat zurück, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte. Sein Strafverteidiger reagierte mit einer sogenannten Gehörsrüge. Die Staatsanwaltschaft Hannover kann indes noch keinen konkreten Termin für die Ladung zum Strafantritt nennen.

Der auch »Buchhalter von Auschwitz« genannte Gröning wurde im Juli 2015 wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Das Urteil ist seit September 2016 rechtskräftig. Gröning hatte vor dem Landgericht Lüneburg einen Antrag auf Haftaufschub gestellt, den das Landgericht im August 2017 ablehnte. Mit der Entscheidung des Strafsenats am Mittwoch ist Grönings Beschwerde dagegen erfolglos geblieben (Az: 3 Ws 491/17).

haft Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes verstößt es nicht gegen Grönings Grundrechte, ihn in die Haft aufzunehmen. Die besonderen Bedürfnisse des 96-Jährigen könnten in der Haft berücksichtigt werden. Es sei die Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger und deren Vertrauen in staatliche Institutionen zu schützen.

Grönings Anwalt Hans Holtermann sagte auf epd-Anfrage, dass er bereits eine »Gehörsrüge« beim Oberlandesgericht Celle erhoben habe. Damit wolle er erreichen, dass das Gericht die Entscheidung an einer aus seiner Sicht strittigen Stelle erneut überprüft. Der Strafverteidiger hatte Grönings Gesundheit durch einen Gutachter überprüfen lassen. Die Unterlagen dieses Gutachtens habe das Gericht nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt, argumentierte Holtermann. Ein Amtsarzt habe seinen Mandanten nicht körperlich untersucht.

termin Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker, sagte dem epd, es gebe noch keinen konkreten Termin, wann Gröning schriftlich zum Haftantritt geladen werde. Bislang seien die Akten noch nicht wieder zurück in Hannover. Sollte es bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle bleiben, werde die Vollstreckung aber wie bei jedem anderen rechtskräftig Verurteilten eingeleitet. Dies geschehe im Normalfall »zeitnah«.

Gröning wurde verurteilt, ohne dass ihm eine konkrete Tötung nachgewiesen wurde. Nach Auffassung der Gerichte leistete er allein durch seine Tätigkeit 1944 im früheren Konzentrationslager Auschwitz einen Beitrag zum hunderttausendfachen Mord. epd

Vatikan

Robert Francis Prevost ist neuer Papst

Er ist der erste Amerikaner in diesem Amt und hat sich den Namen Leo XIV. gegeben

von Philipp Znidar, Sabina Crisan  08.05.2025 Aktualisiert

Gedenken

Steinmeier: »Flüchten wir nicht aus unserer Geschichte«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach bei der Gedenkstunde im Bundestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs über Gefahren für die Demokratie

 08.05.2025

Gericht

AfD rechtsextrem? Verfassungsschutz gibt Stillhaltezusage ab

Damit können die Verfassungsschützer die AfD nicht beobachten, bis das Verwaltungsgericht Köln ein Urteil gefällt hat

 08.05.2025

Kommentar

Die Menschen in Gaza brauchen schnell Hilfe

Eine Demokratie wie Israel sollte sich nicht auf schmutzige Kriegstaktiken wie die Blockade von Hilfsgütern einlassen, weil der Gegner ohne Anstand, Ehre und Verantwortungsbewusstsein kämpft

von Nils Kottmann  08.05.2025

Kommentar

Ulrike Eifler, die Linkspartei und die Auslöschung Israels

Ein hochrangiges Mitglied der Partei delegitimiert auf X Israel. Die Linke muss sich klar davon distanzieren, wenn sie glaubwürdig für Menschenrechte eintreten will

von Andreas Büttner  08.05.2025

Kommentar

Der Ukraine-Krieg überlagert die Pluralität der Erinnerungen

Die Auffassung, dass jeder nach seiner Fasson dem Zweiten Weltkrieg gedenkt, wurde durch Russlands Einmarsch in die Ukraine zerstört. Lenin- und Roter Stern-Orden jüdischer Veteranen und Veteraninnen und ihre »hundert Gramm« in Erinnerung an die gefallenen Kameraden wirken deplatziert

von Dmitrij Belkin  08.05.2025

Umfrage

80 Jahre Kriegsende – Jeder fünfte Deutsche will mehr Gedenken

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die Wehrmacht. Der Zweite Weltkrieg war vorüber. In Berlin und anderswo erinnern die Menschen an die Millionen Opfer. Jüdische Vertreter würdigen die Erinnerungskultur - und warnen zugleich

von Leticia Witte  08.05.2025

Debatte

Schuster: AfD-Regierung wäre für Juden das Signal zur Auswanderung

Die hohen Zustimmungswerte der AfD machen gerade Juden besorgt. Zentralratspräsident Josef Schuster erinnert an die 1930er Jahre: Auch in der NS-Zeit hätten viele Juden lange nicht für möglich gehalten, was dann folgte

von Christoph Schmidt  07.05.2025

Globaler Antisemitismus

J7 beklagen Staatsversagen beim Kampf gegen Judenhass

Ziele sind Einrichtungen wie Synagogen und Schulen - aber auch Menschen. Ein Bericht zeigt erschreckende Zahlen zu Antisemitismus in Deutschland, den USA, Argentinien, Großbritannien, Kanada, Frankreich und Australien

von Leticia Witte  07.05.2025