Brüssel

Fragen an Frau Gomes

Ana Gomes während einer Sitzung im Europaparlament Foto: dpa

Private Veranstaltungen europäischer Parlamentarier werden üblicherweise mit dem Logo der in Verbindung stehenden politischen Gruppen beworben. Dass das Banner der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament jüngst inmitten eines Events wieder abgebaut werden musste, sorgte daher für Aufsehen.

Geladen hatte die portugiesische Europaabgeordnete Ana Gomes zur Diskussion über »Die israelischen Siedlungen in Palästina und die Europäische Union«. Und auf ihrem Podium saß Omar Barghouti, Mitbegründer der Bewegung »Boycott, Divestment and Sanctions«, kurz BDS.

barghouti Der durchaus eloquente Redner Barghouti wird aufgrund seiner wiederholten antisemitischen Äußerungen außerhalb des europäischen Diskurses verortet. Seine Relativierung des Holocaust und Ablehnung jeder Form staatlicher jüdischer Selbstbestimmung sind höchst problematisch.

Entsprechend angebracht war der Protestbrief an Parlamentspräsident Antonio Tajani von Abgeordneten der vier größten Fraktionen, die in Barghoutis Auftritt eine Gefahr »für das Ansehen des Parlaments« sahen. Frau Gomes aber ignorierte nicht nur die Zitate ihres Gastes, sie überhäufte ihn während der Veranstaltung mit Lob.

Ironischerweise hatte sie zuvor als Mitinitiatorin an der ersten, ausschließlich dem Antisemitismus gewidmete Resolution des Europaparlaments mitgewirkt, die im Juni vergangenen Jahres verabschiedet wurde. Die Resolution ruft, neben konkreten Maßnahmen für EU-Mitgliedstaaten, zur Anwendung einer Arbeitsdefinition für Antisemitismus auf.

israel In der seither von sechs Mitgliedstaaten übernommenen Definition wird festgehalten, dass es keine legitime Kritik an der Politik Israels ist, wenn Juden vorgeworfen wird, »den Holocaust erfunden oder überhöht« zu haben oder wenn »Israel zum Grund allen Übels im Nahen Osten und der Welt« erklärt wird. Für Gomes aber endet hier die gesellschaftliche Verantwortung, weshalb sie ihre Unterstützung für die Resolution revidierte.

Neben Barghouti sitzend, bezeichnete Gomes Kritiker ihrer Veranstaltung – sie meinte jüdische Organisationen – als »sehr perverse Lobby«, die lügen und einschüchtern würde. Ähnlich äußerte sie sich online.

Und vor wenigen Tagen lud sie dann noch den bekannten Holocaust-Relativierer Moshe Friedman in ihr Parlamentsbüro. Ihr Tweet beschrieb anschließend einen »fruchtbaren Dialog über Israel und Palästina«, den sie mit dem Gast hatte. Friedman war übrigens Teilnehmer der 2006 von Ahmadinedschad organisierten Holocaustkonferenz. Kein Wunder, dass ihre sozialdemokratische Fraktion Barghouti und Gomes nicht unter dem Parteibanner sitzen lassen wollte.

Die Autorin ist stellvertretende Vorsitzende des European Jewish Congress (EJC).

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Medien

»Antisemitische Narrative«: Vereine üben scharfe Kritik an Preis für Sophie von der Tann

Die Tel-Aviv-Korrespondentin der ARD soll mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt werden

 03.12.2025

Prozess

Opfer des Attentats am Holocaust-Mahnmal hörte »Allahu akbar«-Ruf

Dem spanischen Touristen Iker M. wurde im Februar von einem 19-jährigen Syrer beim Besuch des Berliner Holocaust-Mahnmals mit einem Messer in die Kehle geschnitten. Vor Gericht berichtete er von Angstzuständen, die er seitdem hat

 03.12.2025

Nach Eklats

Präsidentin der TU Berlin abgewählt

Sie war einst im Beraterkreis des damaligen Kanzlers Olaf Scholz und sorgte immer wieder für Kontroversen. Nun ist Geraldine Rauch als TU-Präsidentin abgewählt. Ihre Nachfolgerin ist keine Unbekannte

 03.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  03.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025