Digital Services Act

EU-Kommission will bessere Regulierung des Internets

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihre Stellvertreterin, Wettbewerbskommissarin Margarete Vestager Foto: Michael Thaidigsmann

Die Europäische Kommission hat am Dienstag ihren mit Spannung erwarteten Vorschlag für einen EU-weit einheitlichen Rechtsrahmen für Online-Dienstleistungen vorgelegt. Das Paket besteht aus zwei Teilen: einem Entwurf für ein Gesetz zu digitalen Dienstleistungen (Digital Services Act, DSA) sowie einem Gesetz zur Bekämpfung von wettbewerbswidrigem Verhalten im Online-Handel (Digital Markets Act, DMA).

BUSSGELDER Im DSA enthalten sind auch konkrete Instrumente zu einem besseren Grundrechteschutz von Nutzern. Großen Internetplattformen, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit illegalen Inhalten halten, zum Beispiel im Fall von Hassrede, drohen damit Bußgelder und im Extremfall der Zwang, Geschäftsbereiche abzuspalten. Die Anbieter sollen dem Vorschlag der Kommission gemäß zukünftig verpflichtet werden nachzuweisen, dass sie tatsächlich keine Kenntnis hatten vom Vorhandensein der illegalen Inhalte auf ihren Seiten oder diese zumindest »zügig« entfernt oder gesperrt hatten.

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Im Rahmen des DSA können für »systematische« Verstöße gegen die Vorgaben Bußgelder in Höhe von bis zu sechs Prozent des Jahreseinkommens eines Unternehmens in der EU verhängt werden. Zusätzliche Strafen für die Bereitstellung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Informationen oder für das Versäumnis, notwendige Prüfungen durchzuführen, sind ebenfalls möglich.

ZENTRALRAT Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte das Vorhaben der EU-Kommission ausdrücklich, mit dem Digital Services Act (DSA) neue Richtlinien für digitale Plattformen zu erlassen. Der am Dienstag vorgelegte Entwurf sei sehr vielversprechend, hieß es in einer Pressemitteilung. Seit der Verabschiedung der E-Commerce-Richtlinie im Jahr 2000 habe sich Hasskriminalität im Netz »zu einer Gefahr nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt entwickelt«. Die gegenwärtigen Regelungen böten hier nur äußerst unzureichend Schutz.

Zentralratspräsident Josef Schuster sagte: »Wer sich im Netz bewegt, ist täglich mit Antisemitismus konfrontiert. Wozu es führen kann, wenn Menschen sich gegenseitig unkontrolliert im Netz in ihren menschenverachtenden Gedanken anstacheln, wurde bei den Attentätern von Halle und Hanau sichtbar. Bei der Netzregulierung ist es daher unerlässlich, dem Kampf gegen Hasskriminalität eine gewichtige Stellung einzuräumen. Die EU-Kommission hat den ersten Aufschlag gemacht. Aus dem ambitionierten Vorhaben darf kein Papiertiger werden.«

Das Prinzip der Freiwilligkeit habe bislang »wenig bis gar nichts genutzt«, um »den Online -Sumpf von Rassisten, Antisemiten und andere Hatern trockenzulegen«, erklärte Goldschmidt.

Deutschland sollte vor allem darauf hinwirken, dass die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) als Grundlage für die Bekämpfung antisemitischer Hassrede Einzug in das Gesetzespaket findet, sagte Schuster weiter.

CER Auch der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz, Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, lobte den Vorschlag der Kommission. Das Digital-Paket könne, so Goldschmidt, »neben der Gewährleistung fairer Marktbedingungen auch eine neue Grundlage bilden, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und Terrorismus, Kinderpornografie oder Hassrede besser zu bekämpfen.«

Die besonders strengen Regeln sollen künftig für Plattformen gelten, die mehr als 45 Millionen Benutzer in Europa haben, das entspricht ungefähr einem Zehntel der Bevölkerung der EU. Diese Unternehmen müssen Mechanismen einführen zur Benachrichtigung der Behörden über möglicherweise rechtswidrige Inhalte.  

ILLEGALE INHALTE Ein EU-Offizieller sagte, vorrangiger Zweck der Bußgelder sei es nicht, die Unternehmen zu bestrafen, sondern dazu anzureizen, bei Fehlverhalten Abhilfe zu schaffen. Als »illegale Inhalte« werden in dem Gesetzentwurf unter anderem Hassrede, terroristische Inhalte, widerrechtliche diskriminierende Inhalte, Material über sexuellen Missbrauch von Kindern, die widerrechtliche Weitergabe privater Bilder, das Online-Stalking, der Verkauf gefälschter Produkte sowie die nicht autorisierte Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material gewertet.

Nicht erfasst bleibt aber sogenannter »Harmful Content«, also Inhalte, die nicht zwingend rechtswidrig sind. Dies, so die Begründung des Gesetzentwurfs, sei »ein heikler Bereich« mit potenziell »schwerwiegenden Auswirkungen auf den Schutz der freien Meinungsäußerung.«

In jedem EU-Land soll laut der Vorlage für das DSA außerdem künftig ein Koordinator über die Einhaltung der Regeln wachen. Dieser kann von sich aus Datenauskunft von den Plattformbetreibern verlangen. Auf EU-Ebene soll es schließlich eine gemeinsame Aufsichtsbehörde geben.

DEUTSCHLAND In Deutschland sind einige im EU-Gesetzentwurf enthaltenen Elemente bereits durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz aus dem Jahr 2018 Teil der Rechtsordnung. Der Vorschlag der Kommission muss jetzt vom Europaparlament und den 27 Mitgliedsstaaten beraten werden. Mit einer endgültigen Verabschiedung ist frühestens Ende des kommenden Jahres zu rechnen. Mit DSA und DMA soll die sogenannte E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 abgelöst werden, die bislang den europäischen Rechtsrahmen für Transaktionen im Internet bildet.

Die Europäische Rabbinerkonferenz betonte, es gehe der CER und anderen jüdischen Organisationen seit langem darum, »Digitaldienste und Internetdienste stärker in die Pflicht und Verantwortung zu nehmen.

Der Zentralrat der Juden betonte, der DSA dürfe »in seiner Wirkmacht nicht hinter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zurückfallen«. Deutschland habe damit in Europa Maßstäbe gesetzt: »Die gemachten Erfahrungen müssen Grundlage für weitere Regulierungsmechanismen sein. Die Möglichkeiten, Hass und Hetze zu melden, sind bisher noch ausbaufähig. Gerade für junge Menschen müssen sie niedrigschwellig sein. Der Vorschlag der Kommission, die Position der ›Trusted Flaggers‹ zu stärken, ist zu begrüßen. Damit kann die Expertise der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Hate Speech effizient genutzt werden.«

VERANTWORTUNG Die Europäische Rabbinerkonferenz betonte, es gehe der CER und anderen jüdischen Organisationen seit langem darum, »Digitaldienste und Internetdienste stärker in die Pflicht und Verantwortung zu nehmen, damit sie entschiedener gegen Falschinformationen und Hassbotschaften vorzugehen« , sagte Rabbiner Goldschmidt. Präsident der CER.

Das Prinzip der Freiwilligkeit habe bislang »wenig bis gar nichts genutzt«, um »den Online -Sumpf von Rassisten, Antisemiten und andere Hatern trockenzulegen«, erklärte Goldschmidt. Es sei daher »richtig, dass Europa nun mit hohen Strafen die entsprechenden Internetkonzerne endlich deutlicher in die Pflicht nimmt.«

Die Strafzahlungen sollten schließlich auch den Individuen oder der Gemeinschaft zugutekommen, die durch eine solche Plattform beleidigt oder bedroht worden ist. Sie seien bislang wehrlos gegen den digitalen Hass, der zunehmend die Gesellschaft vergifte, so der CER-Präsident in einer Pressemitteilung. Dienste wie Facebook, Twitter, Google und andere hätten »eine Verpflichtung gegenüber unserer Gesellschaft, an der sie gut verdienen, alle Maßnahmen zu ergreifen, um Hassverbrechen zu verhindern. Mit den neuen regulatorischen Maßnahmen der EU kommen wir diesem Ziel hoffentlich einen großen Schritt weiter.«

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