90. Jahrestag

Ermächtigungsgesetz war »Totenschein der ersten deutschen Demokratie«

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Foto: picture alliance/dpa

Zum Einsatz für die freiheitliche Demokratie sowie zu klarer Distanz von deren Verächtern ruft Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf. »Das lehrt uns der Blick zurück, und so viel sollte uns das Glück unseres Landes wert sein«, schreibt er in einem Gastbeitrag für die »Welt« (Donnerstag). Anlass ist der 90. Jahrestag der Zustimmung zum »Ermächtigungsgesetz«, das Adolf Hitler den Weg in die Diktatur ermöglichte.

Diesen Schritt bezeichnete Steinmeier als »Totenschein der ersten deutschen Demokratie«. Das Datum müssten Menschen heutzutage kennen: »Diese Geschichte geht uns etwas an. Denn heute erleben wir wieder in vielen Teilen der Welt, wie Demokratien zerstört werden, wie gewählte Politiker nach autoritärer Macht streben, wie Justiz und Presse angegriffen und die Checks and Balances ausgehebelt werden, wie Hass die politische Kultur vergiftet.« Auch Deutschland sei vor »Erschütterungen der Demokratie« nicht gefeit.

»Wenn nur die eigene Ansicht als ‚wahre‘ Volksmeinung gilt, obwohl am Wahltag Millionen mehrheitlich für eine andere Politik votiert haben, dann ist das Gift für jede Demokratie.«

Frank-Walter Steinmeier

Volksmeinung Der Bundespräsident warnte in diesem Zusammenhang vor »einer Politik der Lügen«. Die Demokratie brauche »ein Mindestmaß an Anerkennung von Tatsachen« sowie Respekt zwischen politischen Kontrahenten. »Wenn aber Andersdenkende als ‚Feinde‘ und ‚Verräter‘ geschmäht werden, wenn nur die eigene Ansicht als ‚wahre‘ Volksmeinung gilt, obwohl am Wahltag Millionen mehrheitlich für eine andere Politik votiert haben, dann ist das Gift für jede Demokratie.«

Wenn Verächter der Demokratie erst einmal in Schlüsselstellen des Staates rückten, missbrauchten sie dessen Machtmittel zur Zerstörung, schreibt Steinmeier weiter. Es sei insofern »eine Lehre aus Weimar, dass der Staat sich seiner Feinde in Staatsämtern erwehren muss, dass insbesondere Polizisten oder Soldaten, die an der Waffe ausgebildet werden und in rechtsextremen Chatgruppen menschenfeindlichen Hass verbreiten, nicht geschützt oder befördert werden dürfen, sondern disziplinarisch bestraft oder entlassen werden müssen«. kna

Meinung

Ein Friedensplan, der keiner ist?

Die von den Amerikanern vorgelegten Punkte zur Beendigung des Ukraine-Kriegs sind kein fairer Vorschlag, sondern eine Belohnung für den russischen Aggressor

von Alexander Friedman  24.11.2025

Münster

Gericht macht Unterschiede bei propalästinensischen Parolen

Wann ist Kritik am Staat Israel von der Meinungsfreiheit gedeckt? Ein Gericht in NRW sieht das generelle Verbot, das Existenzrecht Israels zu bestreiten, als rechtswidrig an

 24.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Potsdam

BSW-Fraktionsvize tritt nach Reaktion auf AfD-Zitat zurück

Die Landtagsfraktion in Brandenburg ist nach vier Parteiaustritten in einer Krise. Nun tritt auch noch Fraktionsvize Dorst von seinem Amt zurück. Die Hintergründe

 24.11.2025

Soziale Medien

Plattform X: Israelfeindliche und antisemitische Inhalte aus Pakistan und der Türkei

Ein neues Transparenz-Feature zeigt: Angeblich von westlichen »Israelkritikern« betriebene Konten werden in Wirklichkeit aus anderen Teilen der Welt bearbeitet

 24.11.2025

Washington D.C.

Trump kündigt Einstufung der Muslimbrüder als Terrororganisation an

Der Organisation würde mit diesem Schritt der Zugang zu finanzieller Unterstützung verwehrt. Die Muslimbruderschaft wird immer wieder mit radikalen Ablegern in Verbindung gebracht

 24.11.2025

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

von Volker Beck  23.11.2025

Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

 22.11.2025