Würdigung

Eine App und ein Salon

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (l.) und Felix Klein mit den beiden Preisträgerinnen Foto: Chris Hartung

»Ich will nicht mehr Erinnerung an jüdisches Leben in Deutschland. Ich will mehr jüdisches Leben in Deutschland«, fordert die ukrainisch-deutsche Publizistin Marina Weisband. Mit diesem Zitat eröffnete Felix Klein am vergangenen Montag den von ihm neu ausgelobten Ehrenamtspreis für jüdisches Leben in Deutschland.

Geladen hatte er hierfür an einen historischen Ort: das Max-Liebermann-Haus am Brandenburger Tor. Einst gehörte es dem Vater des jüdischen Malers, der 1892 mit seiner Frau Martha Liebermann und Tochter Käthe einzog. 1933 musste die Familie von ihrem Balkon aus den Einmarsch der Nazis mitansehen. Zurückgezogen und verbittert über die politischen Zustände, starb Max Liebermann 1935 in ebendiesem Haus. Seine Frau nahm sich 1943, kurz vor ihrer Deportation nach Theresienstadt, das Leben.

stiftungsarbeit Heute wird das Max-Liebermann-Haus, nachdem es 1943 vollständig zerstört und in den 90er-Jahren rekonstruiert wurde, für Stiftungsarbeit genutzt. Oder für die Verleihung neuer Preise, wie am Montagabend.

Felix Klein betonte in seiner Ansprache, dass die jüdische Gegenwart in Deutschland viel mehr Aufmerksamkeit verdient habe. Besonders deutlich sei ihm dies 2021 durch das Festjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« geworden. Es zeigte, »dass sich viele, insbesondere ehrenamtliche Organisationen der Pflege, dem Brauchtum und neuen Wegen jüdischer Kultur und Lebensweisen widmen.« Mit dem Ehrenamtspreis soll dieses vielseitige Engagement gewürdigt und sichtbarer werden.

Felix Klein betonte in seiner Ansprache, dass die jüdische Gegenwart in Deutschland viel mehr Aufmerksamkeit verdient habe.

Verliehen wird der Preis in zwei Kategorien: Eine richtet sich an junge Menschen unter 27 Jahren, die andere ist ohne Altersbeschränkung. Beide Kategorien sind mit je 5000 Euro dotiert. Erstmalig ausgezeichnet wurden am Montag zwei kleinere Initiativen. In der Kategorie für Menschen unter 27 Jahren wurde die Initiative »Jüdisches Halle« geehrt, die 2019 nach dem Anschlag auf die Synagoge ins Leben gerufen wurde.

spuren Eine Gruppe von Schülern und Studierenden, aber auch Menschen, die gegenüber der Synagoge leben, setzten sich nach dem Anschlag das Ziel, die jüdischen Spuren der Stadt zu erforschen und erlebbar zu machen. Hierfür entwickelten sie eine interaktive App, mit der Interessierte die jüdische Vergangenheit und Gegenwart der Saale-Stadt kennenlernen können.

In der anderen Kategorie wurde der Hamburger Verein »Jüdischer Salon am Grindel« gewürdigt. 2008 im ehemals jüdisch geprägten Grindelviertel gegründet, vermittelt der Verein seit nunmehr 15 Jahren jüdische Kultur und Traditionen. Die Preisträger betonten in ihrer Dankesrede, dass aber nicht nur sie mit der Initiative zur jüdischen Sichtbarkeit beitragen wollen. Der Salon sei das Projekt eines ganzen Viertels, das um seine Lücke wusste.

Überreicht wurden die beiden Preise von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. In ihrem Grußwort betonte sie, dass das Leben von Max Liebermann und seiner Frau Martha vor Augen führe, »wie sehr Jüdinnen und Juden die Geschichte unseres Landes mitgestaltet haben«. Insbesondere das Schicksal von Martha Liebermann zeige aber auch, für »welch schreckliches Leid Deutschland die unteilbare Verantwortung« trage.

sicherheit Dass Jüdinnen und Juden sich dafür entschieden haben, jüdisches Leben in Deutschland wiederaufzubauen, sei ein großes Glück. Umso wichtiger sei es, dass sie sich nicht nur sicher fühlen, sondern auch sicher sind, betonte Faeser. Dass heute jüdische Kindergärten und Schulen in Deutschland unter Polizeischutz stehen, treibe sie an, für mehr Sicherheit zu sorgen.

Zentralratspräsident Josef Schuster bedankte sich in seiner Ansprache bei allen, die sich für den Ehrenamtspreis beworben haben, aber auch bei »allen, die sich nicht beworben haben und sich ebenso tagtäglich für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Deutschland engagieren«. Er sagte zudem: »Ehrenamtler leisten etwas, das über ihren eigenen Vorteil hinausgeht, und zeigen damit in besonderer Weise Verantwortung für ihre Mitmenschen.« Dass Deutschland ohne das Ehrenamt ein anderes wäre, stehe für ihn fest.

Genf

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