Gemeindeleben

»Ein tiefer Einschnitt«

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: dpa

Gemeindeleben

»Ein tiefer Einschnitt«

Josef Schuster über das Leben der jüdischen Gemeinschaft in Zeiten der Corona-Krise

von Detlef David Kauschke  26.03.2020 07:48 Uhr

Herr Schuster, wie reagiert die jüdische Gemeinschaft in Deutschland auf die Corona-Krise?
Da lässt sich pauschal nur schwer eine Aussage treffen. Im Großen und Ganzen reagiert sie nicht anders als alle anderen Bürger. Es ist allerdings neben den allgemeinen Einschränkungen, die allen auferlegt sind, ein tiefer Einschnitt, dass unser Gemeindeleben lahmgelegt ist.

In der vergangenen Woche wurde die Schließung von Kirchen, Moscheen und Synagogen verfügt. Erstmals fanden am Schabbat keine G’ttesdienste statt. Wie gehen die Gemeindemitglieder damit um?
Ich höre von einigen Gemeindemitgliedern, dass ihnen die G’ttesdienste fehlen. Andere haben den Schabbat vor allem im engeren Familienkreis verbracht, was jetzt auch schwieriger geworden ist, wenn etwa die Eltern an einem anderen Ort leben. Vor allem aber sorgen sich unsere Gemeindemitglieder um Pessach. Ein Pessachfest ohne G’ttesdienste und ohne Verwandtschaft hat es für viele noch nie gegeben.

Was sind dabei die größten Herausforderungen?
Vor den größten Herausforderungen stehen jetzt unsere Rabbiner. Sie überlegen sich zum einen neue Wege, zum Beispiel über Social Media, um dennoch die Gemeinde zu erreichen, etwa mit Schiurim, die über Facebook verfolgt werden können. Zum anderen sind sie in dieser Krise verstärkt gefragt, um Gemeindemitgliedern beizustehen. Das alles unter einen Hut zu bringen und auch noch für die eigene Familie da zu sein, die ja ebenso von der Krise betroffen ist, ist eine sehr große Aufgabe.

Wie werden Einsame, Kranke und Bedürftige betreut und versorgt?
Hier sind zuerst die Familien gefragt, denn Besuche zu solchen Zwecken sind ja weiterhin erlaubt. Dennoch muss natürlich das Risiko einer Ansteckung abgewogen werden, was die Betreuung deutlich erschwert. Auf institutioneller Ebene ist vor allem die ZWST aktiv geworden, die eine Hotline eingerichtet hat und Hilfen vermittelt, etwa zum Einkaufen. Doch machen wir uns nichts vor: Die Corona-Krise ist für einsame, kranke und psychisch instabile Menschen eine extreme Belastung. Nicht zu vergessen all die Menschen, die jetzt um ihre wirtschaftliche Existenz fürchten.

Bund und Länder reagieren mit weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Wie bewerten Sie diese Maßnahmen?
Ich halte die neuen Regelungen zu Kontaktsperren für richtig. Mir erscheint es glaubwürdig, dass die Politik diese tiefen Einschnitte in unsere Grundrechte nur ungern und auf jeden Fall zeitlich begrenzt vornehmen will. Vielleicht schätzen wir diese Freiheiten sogar wieder mehr, wenn die Krise vorbei ist. Dann könnte sie letztlich unsere Demokratie stärken.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland sprach Detlef David Kauschke.

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025