3. Oktober

»Ein großes Glück«

André Herzberg Foto: Stephan Pramme

3. Oktober

»Ein großes Glück«

André Herzberg über die Wiedervereinigung, das letzte Konzert von »Pankow« und seinen Traum von der Welt

von Helmut Kuhn  02.10.2025 23:36 Uhr

Herr Herzberg, Ihre Band »Pankow« hat kürzlich in Dresden nach 44 Jahren Bandgeschichte ihr Abschiedskonzert gegeben. War es wirklich das letzte Konzert?
Ich war der Sänger der Band über so viele Jahre, und sie hat sich von der Bühne verabschiedet. Was aber nicht heißt, dass ich als André Herzberg daneben nicht auch seit geraumen Jahren als Solokünstler arbeite, als solcher wieder ein neues Album machen werde und auch als Autor weiterarbeite. Ich liebe es, auf die Bühne zu gehen.

Sie waren als Rockmusiker den DDR­-Oberen ein Dorn im Auge, konnten aber auch im Westen touren. Wie haben Sie Mauerfall und Wiedervereinigung erlebt?
Das waren sehr emotionale Zeiten mit großen Aufs und Abs, dramatisch. Ich bin kurz nach dem Mauerfall erst einmal in die USA gefahren. Weil ich spüren wollte, wie sich westlich vom Westen anfühlt. Das Ende der DDR bedeutete einen sagenhaften persönlichen Einschnitt für mich. Einmal als populärer Künstler der DDR und zum anderen als Kind meiner Eltern. Sie waren jüdische Kommunisten, und ich habe trotz aller Widersprüche mit ihnen, wenn man so will, bis zum bitteren Ende der DDR ausgeharrt. Und ab dann setzte eigentlich erst der richtige Nachdenkprozess ein, vor allem über meine eigene jüdische Identität.

Was bedeutet Ihnen der 3. Oktober, die Wiedervereinigung?
Na ja, das war nötig. Überfällig. Und? Ja, es war großes Glück. Credits für die Deutschen? Ganz sicher. Für mich war es das Glück, von nun an selbstbestimmter zu leben, mit hartem Geld und Reisepass ausgerüstet zu sein.

Sie sagten einmal: »Die DDR lässt einen nie ganz los« …
Die DDR war eine Diktatur, und jeder, der in dieser Diktatur gelebt hat, muss mit diesen Erfahrungen umgehen, weil man damit geboren wurde und kein anderes Leben kannte. Bei mir nur auf eine spezielle Weise, weil meine Eltern sehr darin verfangen waren. Dann kam ein wahnsinniger Bruch. Da musste man diese Freiheit neu lernen. Das sind vielleicht zwei dürre Sätze auf das große Thema. Wie ist es, Identität neu zu erfahren? Das ist ein schwieriger Lernprozess. Psychoanalytiker haben gesagt: Lernen oder Erfahrungen geht nicht ohne Trauer und ohne so ein Sich-in-sich-selbst-Zurückziehen. Das ist ein sehr, sehr schmerzhafter und langer Prozess für mich gewesen.

Auf dem Video der Tour »Bis zuletzt« sind auch frühere Aufnahmen von »Pankow« zu sehen. Im Songtext heißt es: »Es war der Traum von der Welt.« Ist er für Sie in Erfüllung gegangen?
Ja. Beruflich hatte ich natürlich bei alldem unheimlich viel Glück. Wir durften als Künstler sozusagen schon vorher aus der DDR raus und uns so ein bisschen in der Welt umtun. Unser kleines Stück vom Glück haben wir uns geholt.

Mit dem Musiker und Autor sprach Helmut Kuhn.

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

»Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben«, schreibt Rafael Seligmann

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025