Berlin

Deutliche Worte in Dahlem

Es sollte eine schwungvolle Geste werden. Doch das schwarze Tuch, das die Gedenktafel vor der Dienstvilla des Bundespräsidenten in Berlin-Dahlem verhüllte, wollte sich offenbar nicht ganz so leicht lösen lassen wie erhofft. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Ehefrau Elke Büdenbender zogen mal kräftig, mal sacht an dem Vorhang. So lange, bis er endlich die gläserne Stele preisgab, deretwegen der Bundespräsident am Montag in die Pücklerstraße 14 geladen hatte.

Die nahezu symbolische Episode rief so für einen kurzen Moment noch einmal das Gezerre um das angemessene Gedenken an Hugo und Maria Heymann in Erinnerung, denen die Villa früher gehörte und denen zu Ehren der Bundespräsident und seine Frau die Glasstele enthüllten.

Denn eigentlich standen an dieser Stelle drei Jahre zuvor schon einmal geladene Gäste: 2015 sollten hier auf Initiative des Historikers Julian Reitzenstein Stolpersteine für den jüdischen Unternehmer Hugo Heymann und seine Frau verlegt werden.
Die Initiative scheiterte damals an der Frage, ob die Villa tatsächlich der »letzte frei gewählte Wohnort« der Heymanns gewesen war oder ob dies die Berkaer Straße im benachbarten Schmargendorf war.

zeichen Als ihn die Erkenntnisse zur Geschichte dieses Hauses erreichten, sei es ihm wichtig gewesen, vor dem Bezug der Villa »eine Verständigung über ein angemessenes Gedenken zu finden«, betonte Steinmeier. »Ich freue mich, dass uns das im Verlauf des vergangenen Jahres gemeinsam gelungen ist, und dass wir es heute umsetzen können«, sagte der Bundespräsident. »Mit der Gedenktafel haben wir heute ein sichtbares und bleibendes Zeichen der Erinnerung an Hugo und Maria Heymann enthüllt.«

Mit persönlichen Worten erinnerte Steinmeier daran, dass die Heymanns in diesem Haus »glückliche Tage verbrachten«, bevor sie »im aufflammenden deutschen Rassenwahn, unter dem Druck drohender Verfolgung durch die Nationalsozialisten ihr Eigentum verkauften und versuchten, aus Hitlerdeutschland zu fliehen«. Doch die Flucht misslang, das Ehepaar geriet in existenzielle Not. Hugo Heymann wurde mehrfach von der Gestapo verhaftet und misshandelt. Er verstarb vermutlich infolge der Haft. »Als Hugo und Maria Heymann diesen Ort verlassen mussten, wurde ihr Glück zerstört. Das nationalsozialistische Terrorregime hat ihnen ihre Zukunft entrissen«, sagte Steinmeier.

Umso nachdrücklicher forderte er, dass Erinnerung sich »nicht auf die Gedenktafel beschränken« dürfe. »Wenn wir der Heymanns gedenken, erinnern wir gleichzeitig an die ungezählten und an die noch unerzählten Geschichten der Familien, die unter dem Rassenwahn und dem Terror des Naziregimes gelitten haben.«

verantwortung Nach der Einweihung ging Steinmeier vor geladenen Gästen, darunter Zentralratspräsident Josef Schuster und Rabbiner Andreas Nachama, auf die Vorgeschichte der Dienstvilla ein – und darauf, warum Aufklärungsarbeit und eine angemessene Form der Erinnerung erst jetzt erfolgten.

Immerhin ist die Villa bereits seit 1962 im Besitz des Bundes; seit 2004 ist das Anwesen der dienstliche Wohnsitz des Bundespräsidenten. Für das deutsche Staatsoberhaupt leite sich aus dieser staatlichen Verwendung eine besondere Verantwortung ab, hob Steinmeier hervor – »eine Pflicht zur Aufklärung und Erinnerung« – die lange auf sich habe warten lassen.

Die Geschichte von Hugo und Maria Heymann zeige »auf sehr typische Weise, wie nach der Machtübernahme der Nazis Juden Schritt für Schritt ihre Lebensgrundlage entzogen wurde und die Repression und Verfolgung ihren Anfang nahm«, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster. »In unseren Zeiten, in denen wieder spalterische Tendenzen in der Gesellschaft sichtbar werden und manche Menschen keine Scheu mehr davor haben, die NS-Verbrechen zu relativieren, halte ich diese Erinnerung für besonders bedeutend.« Daher sei er dem Bundespräsidenten dankbar für die Gedenkstele und seine deutlichen Worte.

Verteidigung

Merz und Pistorius nicht bei Einführung von »Arrow 3«

Die Bundesregierung hatte immer wieder betont, wie wichtig das israelische Raketenabwehrsystem für Deutschlands Sicherheit sei

 03.12.2025

Sydney

Jüdische Organisationen prangern »Geißel« Antisemitismus an

Im Fokus steht dieses Mal Australien. Es ist Gastgeber einer Konferenz der internationalen jüdischen Initiative »J7«. Sie stellt Zahlen zu Judenhass auf dem Kontinent vor - und spricht von historischen Höchstständen

von Leticia Witte  02.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  02.12.2025 Aktualisiert

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  02.12.2025

Verteidigung

Deutschland stellt Arrow 3 in Dienst

Erstmals kommt das Raketenabwehrsystem außerhalb Israels zum Einsatz

 02.12.2025 Aktualisiert

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Berlin

Zentrum für Politische Schönheit errichtet »Walter Lübcke Memorial« vor CDU-Zentrale

Am Freitag soll außerdem eine Gedenkveranstaltung mit Michel Friedman durchgeführt werden

 02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025