Hans-Joachim Watzke

»Der BVB ist hochpolitisch«

BVB-Chef Watzke Foto: picture alliance/dpa

Herr Watzke, der Zentralrat der Juden in Deutschland wird Ihnen in diesem Jahr seine höchste Auszeichnung, den Leo-Baeck-Preis, verleihen. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?
Ich empfinde diese Auszeichnung als ganz besondere Ehre nicht nur für mich, sondern für den gesamten BVB und dessen jahrelanges nachhaltiges Engagement. Wir alle verstehen die Auszeichnung auch als Auftrag, im Kampf gegen Antisemitismus nicht nachzulassen und unseren Weg konsequent weiterzugehen.

In der Begründung heißt es, dass Ihnen der Kampf gegen Antisemitismus ein Herzensanliegen sei, Sie dies zu einem elementaren Bestandteil Ihrer Arbeit gemacht hätten. Was ist Ihre Motivation dafür?
Zum einen gab es auch schon zu Beginn der Arbeit antisemitische Vorfälle im Fußball, aber auch in der Gesellschaft. Zum anderen haben wir als großer Fußballverein mit dieser riesigen öffentlichen Bühne eine unglaubliche Möglichkeit, Menschen zu erreichen. Das wollten und wollen wir nutzen. Wenn wir uns mit der Geschichte auseinandersetzen, dann muss das auch zu einer Haltung und Handlung führen. Es reicht nicht aus, ausschließlich zu erinnern.

Der BVB hat die Antisemitismus-Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) übernommen und damit andere Vereine motiviert, nachzuziehen. Warum?
Die Übernahme der Definition war das Ergebnis langjähriger Arbeit zur Erinnerung an den Holocaust und im Einsatz gegen Antisemitismus. Die Definition bietet eine gute Grundlage, um bei Vorfällen Antisemitismus erkennen zu können, aber sie ist auch ein gutes Tool, das dabei hilft, über Antisemitismus aufzuklären. Wir hatten zudem das Gefühl, dass es die einzige Definition ist, die von vielen unterschiedlichen Akteuren aus Politik und Gesellschaft genutzt wird, daher haben wir uns für eine einheitliche Übernahme im Fußball eingesetzt.

Sie bezeichnen sich selbst als politischen Menschen, sagen auch, dass der BVB sehr politisch, aber nicht parteipolitisch sei. Wie betrachten Sie die derzeitige Situation unserer Gesellschaft insbesondere vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen?
Borussia Dortmund ist hochpolitisch, aber parteipolitisch neutral. Ich empfinde die aktuelle Situation in unserem Land als große Herausforderung und als Probe für unsere Demokratie. Wir müssen die Ursachen für die Zunahme von Rassismus und Antisemitismus seriös analysieren und Ableitungen daraus treffen. Gleichzeitig müssen wir aber auch wieder mehr darauf schauen, was uns eint und verbindet, davon gibt es nämlich eine ganze Menge. Und wenn wir als BVB dabei eine Unterstützung sein können, dann wollen wir das gerne sein.

Das Interview mit dem Vorsitzenden der Geschäftsführung des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund führte Detlef David Kauschke.

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Großbritannien

Freigelassener Demokratie-Aktivist rief zum Mord an »Zionisten« auf

Der Brite Alaa Abdel Fattah galt als Held der ägyptischen Demokratiebewegung. Doch nach seiner Freilassung und Ankunft in London kamen judenfeindliche Tweets ans Licht. Jetzt wird seine Abschiebung gefordert

von Christoph Meyer, Johannes Sadek  29.12.2025

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025

Berlin

»Jeder sollte sich überlegen, ob er mit dem Teufel ins Bett geht«

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hält Koalitionen mit der AfD auf Länderebene für gefährlich

 27.12.2025

Genua

Italien geht gegen mutmaßliches Hamas-Netzwerk vor

Die Ermittler decken ein Netzwerk zur Unterstützung der islamistischen Terrororganisation auf

 27.12.2025

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025