Meinung

Denn auch wir waren Fremde

Aaron Eckstaedt Foto: Rolf Walter

Vor einigen Wochen erreichte uns, das Jüdische Gymnasium Moses Mendelssohn in Berlin, die Nachricht, dass in einem leerstehenden Bettenhaus des benachbarten Krankenhauses eine Unterkunft für 100 Flüchtlinge eingerichtet wird. Spontan bildete sich eine Nachbarschaftsgruppe, der sich auch Schüler, Eltern und Lehrer des Jüdischen Gymnasiums anschlossen.

Vor der Ankunft der Flüchtlinge halfen sie beim Bettenbau und bei der Einrichtung der Zimmer, hießen die Flüchtlinge willkommen und veranstalten nun gemeinsame Fußballspiele. Sogar die Boutiquen des Bezirks Berlin-Mitte beteiligen sich, und die Medien berichteten.

tora Unseren Schülerinnen und Schülern, viele von ihnen selbst Zuwanderer, ist die Situation des Flüchtlings, des Fremden, nur zu gut bekannt. Sie kennen die Flüchtlingssituation als jüdische Ursituation, sie kennen die Geschichten des wandernden und suchenden Volkes in der Tora – von den späteren Vertreibungen in alter und neuer Zeit nicht zu reden. Dass die Flüchtlingshilfe in einer Zeit passiert, in der allerorten über Islamismus, die Grausamkeiten des Islamischen Staats und die Demonstrationen von Pegida diskutiert wird, ist für die Beteiligten erst einmal eine Nebensache.

Viele Flüchtlinge kommen aus Syrien; das weiß auch unsere Sicherheitsabteilung, aber allen Beteiligten geht es um freundliche Aufnahme, um konkrete Hilfe – bei den ersten Schritten in Berlin, bei der Ernährung, bei der Kommunikation, bei der Betreuung der Kinder. Das Knowhow ist vorhanden: Wer kann schon mehr Sprachen aufbieten als eine interkulturelle jüdische Schule?

Helfen All dies passiert mitten im Winter während der Zeit von Chanukka, in der es auch um die Bestimmung der eigenen jüdischen Identität geht. Damit erinnern wir uns auch der Mizwot. Ist der Impuls zu helfen gerade deshalb besonders hoch? Ich kann mich auch des Gedankens nicht erwehren, dass die derzeit so präsente Weihnachtsgeschichte paradigmatisch die urjüdische Flüchtlingssituation darstellt.

Was ich bemerkenswert finde: Die öffentliche Hand, karitative Organisationen, Nachbarn und Geschäftsleute helfen gemeinsam – und jüdische und muslimische Organisationen sind selbstverständlich dabei. Es ist eine Situation, wie ich sie mir wünsche, und wie sie in manch einem Land Normalität ist. Noch immer fehlt uns diese Normalität zu häufig.

Der Autor ist Leiter des Jüdischen Gymnasiums Moses Mendelssohn in Berlin.

Umfrage

Ansehen Israels in Deutschland verschlechtert sich seit Hamas-Massakern

Nur noch 13 Prozent der Befragten halten den Krieg gegen die Terroristen der Hamas für angemessen

 20.06.2025

Nahost

Wie das iranische Atomprogramm begrenzt werden sollte

Seit mehr als 20 Jahren gibt es Bemühungen um eine Begrenzung des iranischen Atomprogramms. Es diene friedlichen Zwecken, betont der Iran bis heute - daran gibt es aber vielerorts Zweifel

von Christiane Oelrich  20.06.2025

Berlin

Wadephul fordert mehr Verlässlichkeit vom Iran

Vor fast einer Woche begann der Krieg gegen das iranische Regime und dessen Atomprogramm. Der deutsche Außenminister setzt auf Diplomatie gegen die Eskalation. Was erwartet er von den Gesprächen in Genf?

 20.06.2025

Meinung

Israel hat eine historische Chance auf Frieden

Nach den militärischen Erfolgen der vergangenen 20 Monate hat der jüdische Staat keinen Feind mehr, der seine Existenz ernsthaft bedrohen könnte. Nun ist die Zeit für Diplomatie gekommen

von Joshua Schultheis  19.06.2025

Straßburg/Berlin

Israelfeindliche Demos: Europarat kritisiert Deutschland

Menschenrechtskommissar Michael O’Flaherty kritisiert das Vorgehen gegen Demonstranten. Er bezieht sich auch auf die »Nakba-Tag«-Demo am 15. Mai, bei der ein Polizist fast zu Tode geprügelt wurde

 19.06.2025

Diplomatie

»Israel macht die Drecksarbeit für uns«

Beim G7-Gipfel in Kanada lobt der Bundeskanzler den Angriff auf Iran

von Michael Thaidigsmann  19.06.2025

Nahost

NGO: Iran seit über zwölf Stunden vom Internet getrennt

Viele Iraner haben nun keinen Kontakt mehr zur Außenwelt

 19.06.2025

Diplomatie

Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln

In Genf sollen am Freitag direkte Gespräche europäischer Top-Diplomaten mit dem iranischen Außenminister stattfinden

 19.06.2025

Bundesregierung

Kabinett Merz: Bisher 4 Mio. Euro Rüstungsexporte für Israel

In der ersten fünf Wochen ihrer Amtszeit hat die neue Bundesregierung aber keine Ausfuhrgenehmigungen für Kriegswaffen erteilt

 19.06.2025