Wuligers Woche

Bundestagswahl auf Jüdisch

Achtung, Martin Schulz (SPD): Lassen Sie diesmal den angeblichen israelischen Wasserraub weg! Foto: dpa

Sehr geehrte Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten! Herzlichen Glückwunsch. Ihre Nominierung haben Sie im Sack. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Jetzt müssen sie die Wähler von sich überzeugen. Zu denen zählen hierzulande auch rund 100.000 Juden. Das ist zwar zahlenmäßig keine relevante Größe. Die Stimmen fallen nicht wirklich ins Gewicht. Dennoch kommen Sie nicht darum herum, diese Gruppe anzusprechen. Tun Sie es nicht, laufen Sie Gefahr, dass der politische Gegner Ihnen mangelndes Interesse am jüdischen Leben in Deutschland und Schlimmeres vorwerfen könnte. Noch gilt das politisch als Makel.

Für einen erfolgreichen Wahlkampf bei Juden sind einige Besonderheiten zu beachten: Betonen Sie Ihre persönliche Abscheu vor jedem Antisemitismus. Hilfreich ist es, dabei jüdische Parteifreunde zu erwähnen. Falls solche nicht vorhanden sind, behelfen Sie sich mit großen jüdischen Namen aus der Geschichte Ihrer Partei. Vermeiden Sie allerdings, Judenhass in einer Reihe mit anderen Vorurteilen zu nennen, wie Homophobie, Islamfeindlichkeit und Rassismus generell.

Grüne und Linke Erstens wünschen Juden, wie jede andere Zielgruppe auch, spezifisch angesprochen zu werden. Zweitens sind unter ihnen prozentual mindestens so viele Homophobe, Islamfeinde und Rassisten wie in der Gesamtbevölkerung. Ein Tipp für Grüne und Linke: Sprechen Sie bei Wahlreden nicht genderneutral von JüdInnen oder Jüd_innen: Sie laufen Gefahr, dass männliche Juden sich nicht angesprochen fühlen.

Bei jüdischen Bürgern steht das Thema Sicherheit obenan. Streichen Sie heraus, wie sehr diese Ihnen am Herzen liegt. Nicht hilfreich für den Gesamtwahlkampf wäre es dabei aber, bestimmte Gefährdungsursachen speziell für Juden allzu genau zu benennen. Das könnte größere und wichtigere Wählersegmente in Berlin-Neukölln, Duisburg-Marxloh und anderswo vergraulen. Beschränken Sie sich deshalb auf die Gefahr von Rechts. (AfD-Wahlkämpfer verfahren bitte umgekehrt.)

Erwartet wird von Ihnen ein Wort der Solidarität mit Israel. Auch hier gilt es jedoch, den Gesamtwahlkampf nicht aus den Augen zu verlieren. Die Zahl der israelkritischen Stimmberechtigten übersteigt die der Freunde des jüdischen Staats. Verwenden Sie deshalb bei der Erwähnung Israels das Wort »Existenzrecht« stets nur in Verbindung mit den Begriffen »gerechter Frieden«, »Ausgleich« und »Zweistaatenlösung«.

»Zwar-aber« Nutzen Sie dabei »Zwar-aber«-Konstruktionen. Vergessen Sie nicht, den Siedlungsbau zu verurteilen. Achtung, Martin Schulz (SPD): Lassen Sie diesmal den angeblichen israelischen Wasserraub weg. Das kommt, wie Sie seit Ihrer Knessetrede 2014 wissen, bei Juden nicht nur schlecht an, es ist auch leicht zu widerlegen.

Schließlich ein Hinweis für Ihre Terminplanung: Im Endspurt des Wahlkampfs sind jüdische Wähler schlecht ansprechbar. Der Wahltag am 24. September fällt zwischen Rosch Haschana und Jom Kippur. Hebräisch wird diese Zeit »Jamim Noraim« genannt, zu Deutsch: »die furchtbaren Tage«. Möge das kein Omen für das Wahlergebnis sein.

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025