»Jugend erinnert«

Bundesregierung will Bildungsprogramm fördern

Bei der Vorstellung des Programms »Jugend erinnert« am Denkmal für die ermordeten Juden Europas, 29. Januar 2019 Foto: dpa

Die Bundesregierung will die Bildungsarbeit der NS-Gedenkstätten zusätzlich fördern. Dazu stellt sie bis 2022 für das neue Programm »Jugend erinnert« insgesamt 17 Millionen Euro zur Verfügung, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Montag in Berlin bei einem Besuch des Anne-Frank-Zentrums mitteilte.

Mit dem Förderprogramm sollen die NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren für ihre pädagogische Arbeit neue Kooperationspartner gewinnen, wie es hieß. Als Beispiele wurden Schulen, Theater, Sportvereine, aber auch Auszubildende bei der Polizei und in der Justiz sowie Selbstorganisationen von Migranten genannt. Ziel sei es, mit nachhaltig wirkenden Bildungsformaten insbesondere junge Menschen, die bislang nicht erreicht wurden, in die Gedenkstätten zu bringen. Fördermittel stehen in Höhe von 50.000 bis 400.000 Euro pro Projekt mit einer Laufzeit bis drei Jahre zur Verfügung.

Mit dem Förderprogramm sollen die NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren für ihre pädagogische Arbeit neue Kooperationspartner gewinnen.

Für das Jahr 2019 sind dafür den Angaben zufolge zwei Millionen Euro eingeplant, für die Jahre 2020 bis 2022 stehen jeweils fünf Millionen Euro zur Verfügung. Entwickelt wurde das Programm von einem achtköpfigen Expertenbeirat. Zu einem späteren Zeitpunkt soll das Programm auch auf Gedenkstätten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ausgeweitet werden.

zentralrat Der Zentralrat der Juden begrüßt die Initiative. Das Programm »Jugend erinnert« komme genau zum richtigen Zeitpunkt, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag. »Angesichts einer immer geringeren Zahl von Zeitzeugen können junge Menschen vor allem in den Gedenkstätten einen authentischen Eindruck des historischen Geschehens bekommen. Solche Besuche sollten nicht nur finanziell gefördert, sondern in die Lehrpläne der weiterführenden Schulen aufgenommen werden.«

Schuster äußerte sich zudem zu der Forderung, Gedenkstättenbesuche als verpflichtenden Teil der Lehrerausbildung zu etablieren, wie es der Zentralrat bereits seit Längerem fordere. »Denn auf diese Weise versetzen wir künftige Lehrkräfte besser in die Lage, Gedenkstättenbesuche mit ihren Klassen vor- und nachzubereiten, und sie werden selbst für die Thematik sensibilisiert.« Dies diene nicht nur der besseren Vermittlung der deutschen Geschichte, sondern spiele auch eine wichtige Rolle in der Bekämpfung des Antisemitismus, so Schuster weiter.

Auch der Direktor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, sagte, das Programm komme zur rechten Zeit. Allerdings sollten keine »Wunderheilungen« erwartet werden, betonte Knigge, der auch im Programmbeirat sitzt.

zeitzeugen Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, lebendige Erinnerungskultur sei der Schlüssel im Kampf gegen den Antisemitismus. Den Gedenkstätten komme angesichts fehlender Zeitzeugen eine wachsende Verantwortung zu. Es sei wichtig, vor Augen zu führen, wie »unser Kulturland« vor 80 Jahren versagt habe. »Wir brauchen eine Erinnerungskultur, die emotional anspricht«, betonte Klein.

Grütters betonte, die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus sei auch fast 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine andauernde Verpflichtung. »Authentische Orte wie die NS-Gedenkstätten spielen dabei eine zentrale Rolle, nicht zuletzt, weil es immer weniger Holocaust-Überlebende gibt«, erklärte sie.

Weiter sagte die CDU-Politikerin, »leider erleben wir, dass die Debatten über den Umgang Deutschlands mit seiner Vergangenheit wieder kontroverser werden«. Diskriminierende, ausgrenzende und hasserfüllte Parolen würden immer ungenierter öffentlich kundgetan. »Es ist etwas ins Rutschen geraten. Dem können wir nicht tatenlos zusehen«, betonte Grütters.  epd/ja

 

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025